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Senioren sitzen im Hörsaal der hsg Bochum

Fit für das Leben im Quartier

1. Februar 2017

Quartier agil – Aktiv in unserem Quartier: Ein Team der hsg entwickelt ein digital unterstütztes körperliches und sprachlich-kognitives Fitnessprogramm für Senior*innen. Im Bochumer Stadtteil Altenbochum testen sie das Trainingsprogramm auf seine Wirksamkeit.

Anneliese Kaufmann lebt alleine, doch einsam ist sie nicht, im Gegenteil: Die 78-Jährige ist sehr viel unterwegs, pflegt ihre sozialen Kontakte und erledigt die Dinge des Alltags nach wie vor selbstständig. Dabei hilft ihr eine spezielle App, die sie über soziale Aktivitäten in ihrem Wohnquartier informiert und mit Senior*innen in ihrer Umgebung vernetzt. Mit täglichen Übungen kann die Rentnerin ihren Leistungsstand überprüfen: Die Anwendung ist Teil eines speziellen Trainingsprogramms, das die körperliche, kognitive und sprachliche Leistungsfähigkeit älterer Menschen fördert. „Kinderleicht“ sei die App auf ihrem Smartphone zu bedienen, findet Frau Kaufmann – die Funktionen sind intuitiv und übersichtlich aufgebaut.

Seit Januar 2016 arbeitet das Team des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts „Quartier agil – Aktiv in unserem Quartier“ daran, das Szenario eines agilen Viertels zu realisieren. hsg-Wissenschaftler*innen der Studienbereiche Physiotherapie und Logopädie entwickeln gemeinsam ein neuartiges, IT-gestütztes Angebot für die körperliche und kognitive Fitness von Senior*innen. Um die technische Seite kümmert sich die Hochschule Ruhr West. Als Wissenschafts-Praxis-Kooperationspartner werden die Hochschulen von der Diakonie Ruhr und dem Sozialdezernat der Stadt Bochum unterstützt.

Der Grundgedanke hinter dem Trainingsprogramm: Nimmt im Alter die körperliche und/oder sprachlich-kognitive Leistungsfähigkeit ab, führt dies oft dazu, dass soziale Kontakte und Partizipation geringer werden. Gleichzeitig bietet aber das Wohnquartier ein großes Potenzial, um die Aktivitäten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben anzuregen und aufrechtzuerhalten. Denn hier treffen sich die älteren Menschen mit Verwandten, Freund*innen und Bekannten, kaufen ein und nehmen an kulturellen Veranstaltungen teil.

Das Wohnquartier bietet ein großes Potenzial, um die Aktivitäten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben anzuregen und aufrechtzuerhalten.

Im Dialog mit Senior*innen

Die Inhalte des quartiersbezogenen Trainingsprogramms entstehen Schritt für Schritt. Zunächst werden die von den Senior*innen häufig frequentierten Anlaufstellen und Identifikationsorte – wie Marktplätze und Cafés – im Dialog mit ihnen identifiziert und sozialräumlich kartografiert. Mithilfe von IT und der engen Kooperation mit örtlichen Trägern der freien Wohlfahrtspflege und der Kommune werden Informationen über das Aktivitätsverhalten gesammelt. „So lassen sich gezielte Gruppenangebote mit kulturellen und sozialen Aktivitäten im Quartier entwickeln, die eine besondere körperliche und geistige Anregung versprechen“, erklärt Prof. Dr. Sascha Sommer, Dekan des Departments für Angewandte Gesundheitswissenschaften der hsg.

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Er fügt hinzu: „Als Expert*innen ihrer eigenen Lebensführung werden die teilnehmenden Senior*innen an der Entwicklung beteiligt und so zu Koproduzent*innen der entwickelten Übungen und unmittelbar auf die soziale Teilhabe zugeschnittene Aktivitäten. Das kann beispielsweise ein geführter Quartiersspaziergang zu einem Identifikationsort sein, etwa einer Kirche. Der Termin wird über die App geplant. Beim Spaziergang bewegen sich die Teilnehmenden körperlich und kommen ins Gespräch über ihre gemeinsame Lebenswelt. Am Ziel wird Wissenswertes über die Kirche vermittelt.“ Über die Woche verteilt stellt die Smartphone-App im Rahmen eines „Quartiers-Quiz“ Übungsfragen zum neu erworbenen Wissen, die die Senior*innen zu kognitiver Aktivität anregen.

Forschen im Viertel

Um praxisnahe Lösungen gegen den Verlust von sozialem Kontakt und körperlicher Fitness im Alter zu erarbeiten, wurde mit Unterstützung der Wissenschafts-Praxis-Kooperationspartner ein beispielhaftes Wohnviertel ausgewählt: Der Stadtteil Altenbochum, der sich wegen seiner repräsentativen soziodemografischen Gegebenheiten als besonders geeignet erwies. Seit Januar 2017 wird dort das neue Trainingsprogramm erprobt. Nach sechs Monaten werden die gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse ausgewertet und das Programm für die zweite Phase optimiert. Um die Effektivität des Quartier-agil-Trainingsprogramms zu bewerten, werden verschiedene subjektive und objektive gesundheitsbezogene Parameter der Teilnehmenden erhoben. Besonders interessant ist die Wirkung auf die soziale Teilhabe der Senior*innen, so wie die Förderung von Kommunikation, sozialen Kontakten und der Aktivität im Quartier. Außerdem werden grundsätzliche Erkenntnisse über die Akzeptanz, Nutzungshäufigkeit und Nützlichkeit von alltagsnahen IT-Lösungen für Senior*innen gewonnen. Mitte 2018 soll das Trainingsprogramm ausgereift sein. Das Konzept inklusive der Anwendung der App wird so verschriftlicht, dass es möglichst nahtlos in andere Quartiere, Städte und Regionen transferiert werden kann.


 

Das „Quartier agil“-Team

Das Team des Projekts „Quartier agil“ besteht aus folgenden Wissenschaftler*innen der beiden Studienbereiche Physiotherapie und Logopädie: Aus der Physiotherapie: Prof. Dr. Christian Grüneberg (Leiter des Studiengangs), Prof. Dr. Christian Thiel (Professor im Studienbereich Physiotherapie mit Schwerpunkt Training in Prävention und Therapie) und Liane Günther (wissenschaftliche Mitarbeiterin). Aus der Logopädie: Prof. Dr. Sascha Sommer (Dekan des Departments für Angewandte Gesundheitswissenschaften und Neuropsychologe und Sozial-Gerontologe) und Anke Osterhoff (wissenschaftliche Mitarbeiterin im Studienbereich Logopädie).

Zum Department für Angewandte Gesundheitswissenschaften an der hsg.

Lektorat: Tanja Breukelchen, freie Journalistin
Aufmacher: hsg

Dr. Bernd Krahl (Ambulanticum), Prof. Dr. Sascha Sommer (hsg), Prof. Dr. Anne Friedrichs (hsg), Arndt Winterer (LZG.NRW) und Patientin Andrea Dargatz am Gangroboter bei der Übergabe des Förderbescheids im Ambulanticum.
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