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„Hochschulentwicklung kann nicht ohne das Thema Diversität gedacht werden.“

28. Februar 2023

Die Hochschule für Gesundheit (HS Gesundheit) in Bochum hat in Berlin das Zertifikat „Vielfalt gestalten“ verliehen bekommen. Das Zertifikat erhielt die Hochschule am 14. Februar 2023 für ihre erfolgreiche Teilnahme am Diversity Audit „Vielfalt gestalten“ des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft. In dem zweijährigen Auditierungsverfahren entwickeln Hochschulen eine spezifische Diversitätsstrategie, der Stifterverband begleitet und berät sie in dem Entwicklungsprozess. Mit dem Zertifikat „Vielfalt gestalten“ würdigt der Verband die Konzepte und Impulse der HS Gesundheit für einen sensiblen Umgang mit der Diversität ihrer Hochschulangehörigen. Zudem wird bestätigt, dass die HS Gesundheit erfolgreich einen intensiven Weiterentwicklungsprozess durchlaufen hat. Welchen Stellenwert Diversität an der Hochschule einnimmt, darüber sprechen Prof. Dr. Christian Timmreck, Präsident der HS Gesundheit und Prof. Dr. Christian Walter-Klose, Professor mit Schwerpunkt „Behinderung und Inklusion“ sowie Leiter des Diversity Audits an der HS Gesundheit im Interview.

Zwei Jahre hat die HS Gesundheit das Diversity Audit „Vielfalt gestalten“ durchlaufen. Mit welchem Ergebnis?

Prof. Dr. Christian Timmreck: Die Hochschule ist mit dem Vorhaben gestartet, die vorhandenen Diversitätsstrukturen zu optimieren. Unser oberstes strategisches Ziel ist die Entwicklung einer nachhaltigen Diversitätsstrategie. Mit dieser möchten wir zum einen die Vielfalt der Studierenden und Beschäftigten der HS Gesundheit berücksichtigen und zum anderen den Diversitätsaspekt in die Wissenschaft und Gesellschaft transferieren. Erste wichtige Impulse aus dem Audit wurden in dem Hochschulentwicklungsplan 2022-2026 der HS Gesundheit verankert. Diversität ist heute neben Digitalisierung, Internationalisierung und Nachhaltigkeit eines von vier Querschnittsthemen und damit übergeordneten Strategiezielen in unserem Hochschulentwicklungsplan.

Der Hochschulentwicklungsplan bildet also die Basis der Diversitätsstrategie?

Prof. Dr. Christian Timmreck: Ja, damit möchte die HS Gesundheit vor allem eins zeigen: Hochschulentwicklung kann nicht ohne das Thema Diversität gedacht werden. Daher haben wir den Diversitätsaspekt in unsere Hochschulentwicklungsstrategie verankert. Mit Diversität als Querschnittsthema werden die Impulse aus dem Diversity Audit in den Hochschulalltag hineingetragen. Diversität wird auf allen Entwicklungsebenen weiter berücksichtigt und mitgedacht werden, so auch in den Entwicklungsplänen unserer vier Hochschuldepartments. Die HS Gesundheit versteht sich als ein Ort, an dem sich Menschen mit gegenseitigem Respekt vorurteilsfrei begegnen und es sich für alle Menschen in ihrer Vielfalt und Unterschiedlichkeit gleichberechtigt und gleichwertig studieren und arbeiten lässt. Die Hochschule engagiert sich seit ihrem Bestehen für Chancengleichheit und gleichberechtigte Teilhabe, für den Abbau von Barrieren, Benachteiligung und Diskriminierung einzelner Personen oder gesellschaftlicher Gruppen. Diversität nimmt an der HS Gesundheit einen wichtigen Stellenwert ein.

Prof. Dr. Christian Timmreck: „Mit Diversität als Querschnittsthema werden die Impulse aus dem Diversity Audit in den Hochschulalltag hineingetragen.“

Wie ist die Hochschule in dem Diversity Audit vorgegangen?

Prof. Dr. Christian Walter-Klose: Es gibt ein stabiles, diversitätsorientiertes Fundament an der Hochschule und genau auf das setzte das Auditierungsverfahren auf. Zu Beginn des Audits haben wir eine Studierendenbefragung durchgeführt, die im Ergebnis aufzeigte, dass die Hochschule als offen, vielfältig und positiv für diverse Studierendengruppen wahrgenommen wird. Unser Auditierungsverfahren stand somit unter dem Motto: „Von gut zu besser!“ Besonders wichtig war es uns, das Audit als partizipativen Entwicklungsprozess anzulegen. Personen aus allen Lehr- und Verwaltungsbereichen haben ebenso daran teilgenommen wie Studierende. Ihnen allen an dieser Stelle noch mal einen herzlichen Dank!

Welche konkreten Impulse wurden im Diversity Audit gesetzt?

Prof. Dr. Christian Timmreck: Aktuell wird das Leitbild der HS Gesundheit überarbeitet und auch dort werden wir unsere klare Positionierung zu Diversität nochmals deutlich betonen, ebenso in den Leitbildern für Forschung sowie Lehren und Lernen. Darüber hinaus möchten wir die personellen Ressourcen unserer Diversitätsarbeit stärken und zwei neue Stellen mit Fokus auf Diversitätsberatung ausschreiben. Beide sollen eine neue Anlaufstelle für Chancengerechtigkeit und Vielfalt aufbauen, an die sich Studierende, Beschäftigte und Gremien in der Hochschule wenden können. Denn wir möchten als Hochschule wissen: Wo gibt es noch Barrieren? Wie können Lösungen für mehr Diversitätssensibilität aussehen?

Prof. Dr. Christian Walter-Klose: Darüber hinaus arbeiten wir an der Erstellung eines digitalen Beratungsnavis. Ein wesentlicher Aspekt diversitätsgerechter Studienbedingungen an einer Hochschule ist die Vereinbarkeit des Studiums mit dem Beruf, mit familiären Betreuungs- oder Pflegeaufgaben und möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Es existieren an der HS Gesundheit bereits viele Aktivitäten, um die Studien- oder Arbeitsbedingungen für Hochschulangehörige diversitätssensibel zu gestalten. Eine Arbeitsgruppe hat sich mit der Identifizierung und Schließung weiterer Beratungslücken, vor allem aber auch mit dem Sichtbarmachen und Vernetzen der vorhandenen Angebote beschäftigt und den Impuls gesetzt, das Engagement der Hochschule künftig in einem Beratungsnavi darzustellen. Zudem steht fest: Die HS Gesundheit wird den Deutschen Tag der Vielfalt, der von der Charta der Vielfalt ins Leben gerufen wurde, jährlich organisieren, um weitere Impulse für mehr Diversitätssensibilität zu setzen.

Eine andere Arbeitsgruppe legte den Fokus hingegen auf eine diversitätsorientierte Forschung. Was wurde dort angestoßen?

Prof. Dr. Christian Walter-Klose: Bedarfe für die Vielfalt von Studierenden und Beschäftigten werden künftig noch gezielter erfasst. So werden in Umfragen, unter anderem rund um das Studium, immer auch diversitätsorientierte Fragen mit aufgenommen. Auch wird von der Arbeitsgruppe „Forschung und Monitoring“ aktuell eine Studie entwickelt, die die diversitätsbezogenen Praxiserfahrungen unserer Praktikant*innen in den Blick nimmt. Insgesamt sollen Diversitätsthemen künftig noch stärker beforscht werden, durch stärkere Nutzung von Lehrforschungsprojekten und Abschlussarbeiten von Studierenden. Auch Forschungs- und Lehrpreise zu diversitätsspezifischen Themen sind geplant. Denn nicht nur auf der Forschungsebene wird der Diversitätsaspekt mehr und mehr eingebunden, sondern auch im Bereich Studium und Lehre. So wird daran gearbeitet, die Curricula, Lehr- und Lernmethoden noch gender- und diversitätssensibler auszurichten. Denn Gesundheit und Diversitätssensibilität sind eng miteinander verbunden.

Prof. Dr. Christian Walter-Klose: „In nahezu allen Bereichen der HS Gesundheit wird heute über Diversität geredet, Diversität mitgedacht.“

Inwiefern?

Prof. Dr. Christian Walter-Klose: Mit Diversitätssensibilität ist eine Haltung und Motivation verbunden, die Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit wahr- und ernstnimmt und sich für Chancengleichheit und Gerechtigkeit einsetzt. Es geht um eine gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am Leben in der Gesellschaft – und natürlich auch an den Angeboten gesundheitlicher Versorgung. Ausgrenzung und Diskriminierung können einen Menschen krankmachen. Die Hochschule ist einerseits als Arbeitsgeber selbst Teil der Gesellschaft, gestaltet diese andererseits aber auch mit, indem sie Menschen ausbildet, die in vielen Feldern der Gesellschaft arbeiten. Daher ist es wichtig, dass die Studierenden bei uns ein Diversitätsverständnis entwickeln, das durch Wertschätzung der Vielfalt der Menschen geprägt ist. Die Absolvent*innen der HS Gesundheit werden Diversitätssensibilität in ihre Berufspraxis mitnehmen und damit den Diversitätsaspekt weiter in die Gesundheitsversorgung und Gesellschaft hineintragen.

Wo steht die Hochschule heute nach der Zertifikatsverleihung?

Prof. Dr. Christian Walter-Klose: In nahezu allen Bereichen der HS Gesundheit wird heute über Diversität geredet, Diversität mitgedacht. Die Teilnahme am Diversity Audit war für die Weiterentwicklung der Hochschule eine wichtige Ressource.

Prof. Dr. Christian Timmreck: Nun wird es darum gehen, die im Audit gewonnenen neuen Impulse in nachhaltige Strukturen zu überführen. Unser Ziel war es nicht, am Ende des Audits ein geschlossenes Endprodukt zu haben. Uns ging es als junge, dynamische Hochschule vielmehr darum, neue diversitätssensible Impulse in der Hochschulstruktur und -kultur zu etablieren, an denen stetig weitergearbeitet wird.

Fotocredit Headerbild: Peter Himsel/Stifterverband

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