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Mirjam Peters zur Hebammenversorgung

21. Februar 2018

In dem Forschungsprojekt ‚HebAB.NRW – Geburtshilfliche Versorgung durch Hebammen in Nordrhein-Westfalen‘ des Studienbereichs Hebammenwissenschaft der Hochschule für Gesundheit (hsg) arbeitet Mirjam Peters als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Worum es genau in der Studie geht und warum sie der 28-Jährigen besonders am Herzen liegt, erzählt die Wissenschaftlerin, Hebamme und Mutter im Gespräch mit dem hsg-magazin.

Die Studie HebAB.NRW

„Eigentlich gibt es ja den Konsens, dass die Lage der Geburtshilfe, insbesondere die Versorgung mit Hebammenhilfe, in Deutschland problematisch ist. Aber bisher gibt es noch keine Daten, die diese Vermutung untermauern könnten“, sagt die Wissenschaftlerin. Und sie ergänzt: „Dabei ist eine Datengrundlage auch eine wichtige Basis für politische Entscheidungen.“

Tatsächlich wird Frauen in Deutschland per Gesetz ein Recht auf Hebammenhilfe zugesichert. Inwieweit dieses Recht überhaupt in Anspruch genommen werden kann, ist aufgrund fehlender Daten allerdings schwer zu sagen. Vielleicht gibt es gar nicht genug Hebammen in Deutschland, die diese Aufgabe erfüllen könnten. Daher hat der Runde Tisch Geburtshilfe NRW, der von der Landesregierung ins Leben gerufen wurde, in seinem Abschlussbericht des Jahres 2015 die Empfehlung ausgesprochen, die Datenlage einmal gründlich zu klären. Im November 2016 ist daraufhin das Projekt HebAB.NRW gestartet. Es wird noch bis zum 31. Dezember 2019 vom Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen gefördert und von der hsg geleitet.

In der Studie soll laut Peters der Ist-Zustand der Hebammenversorgung in Nordrhein-Westfalen erfasst werden: „Wie ist gerade im Moment der Zustand in der Versorgung und gibt es tatsächlich einen Mangel? Wie groß ist dieser Mangel und warum besteht er?“ Eine Vermutung dabei ist, dass die Versorgung auf dem Land womöglich schlechter ist als in der Stadt. „Wir wollen herausfinden, welche Frauen aus welchem Grund keine Betreuung durch eine Hebamme bekommen“, so die Wissenschaftlerin.

Mirjam Peters ist Mutter, Hebamme und Wissenschaftlerin zugleich. Foto: hsg-Bochum

Eine Studie mit zwei Teilen

HebAB.NRW besteht aus zwei Teilprojekten: Im einen Teil sollen alle Hebammen erfasst und befragt werden, die in Nordrhein-Westfalen wohnen oder tätig sind. Dies ist vor allem deswegen eine Herausforderung, weil es bisher kein Verzeichnis gibt, in dem alle Hebammen aufgelistet werden. Seit Februar 2018 wird versucht über Hebammenverbände und Kooperationsnetzwerke trotzdem möglichst viele Hebammen zu erreichen. Neben der Anzahl der in Nordrhein-Westfalen lebenden und/oder tätigen Hebammen sollen auch die Tätigkeitsfelder und Betreuungsangebote der Hebammen erfasst werden. Zudem werden Teile der Studie WHELM (Work, Health end emotional Wellbeing) aus Australien eingesetzt, die unter anderem das Empowerment und das Burnout-Risiko der Hebammen misst. So soll festgestellt werden, ob möglicherweise ein Zusammenhang zwischen einem zu geringem Empowerment und/oder hohem Burnout-Risiko und der Absicht aus dem Beruf auszusteigen besteht.

Im anderen Teil, in dem sich auch Mirjam Peters engagiert, werden Frauen nach der Geburt ihres Kindes gebeten an der Befragung teilzunehmen. „Seit Februar 2018 gehen wir in Krankenhäuser und sprechen Frauen direkt an, ob sie bei der Befragung mitmachen wollen“, berichtet Peters. In diesem Teil des Projekts soll herausgefunden werden, welche Hebammenleistungen von Frauen und ihren Familien in Anspruch genommen werden und  ob weiterer Bedarf besteht. Zudem soll herausgefunden werden, wie die Qualität der Versorgung während der Geburt und im Wochenbett erlebt wird. „Wir erhoffen uns, dass wir am Ende schlauer dadurch sind, dass wir in den beiden Teilen des Projekts beide Perspektiven eingeholt haben“, so Peters.


Zum Projekt-Team von HebAB.NRW gehören Prof. Dr. Nicola Bauer, Professorin für Hebammenwissenschaft und Leiterin des Studienbereichs an der hsg, Prof. Dr. Rainhild Schäfers, ebenfalls Professorin für Hebammenwissenschaft an der hsg, Prof. Dr. Thomas Hering, der hsg-Professor für Quantitative Methoden ist, sowie die beiden wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Andrea Villmar und Mirjam Peters.


Hebammenversorgung in Deutschland

„Ähnliche Studien zur Hebammenversorgung laufen auch noch in anderen Bundesländern. Allerdings bietet sich meiner Meinung nach Nordrhein-Westfalen besonders als Untersuchungsort an, da es das Bundesland mit der höchsten Geburtenrate ist, das sowohl viele städtische als auch ländliche Gebiete vorweist und insgesamt repräsentativ ist“, erklärt Peters. In jedem Jahr werden alleine in Nordrhein-Westfalen über 150.000 Kinder geboren.

„An HebAB.NRW ist im Vergleich mit den anderen Studien besonders, dass wir die Perspektiven von Hebammen und Müttern zugleich untersuchen. Außerdem findet HebAB.NRW direkt an einer Hochschule statt und erfüllt so einen hohen wissenschaftlichen Standard“, so Peters. Außerdem ist sie nicht nur Hebammenwissenschaftlerin und war lange als freiberufliche Hebamme tätig, sondern sie ist auch Mutter der dreijährigen Amalia. „Ich glaube, dass mir deswegen auch beide Sichtweisen, also die der Hebamme und die der Mutter, nahe liegen“, sagt Peters. Denn auch als Mutter habe die Wissenschaftlerin am eigenen Leib erfahren, wie wertvoll die Betreuung durch eine Hebamme ist.

"An HebAB.NRW ist im Vergleich mit den anderen Studien besonders, dass wir die Perspektiven von Hebammen und Müttern zugleich untersuchen", so Mirjam Peters.

Mutter, Hebamme und Wissenschaftlerin

Nach dem Schulbesuch im Bergischen Land studierte Mirjam Peters Psychologie im Bachelor-Studiengang  an der Fernuniversität in Hagen.  Nach ihrem ersten Semester begann sie außerdem die Ausbildung zur Hebamme in Berlin-Neukölln und ist bis zum Beginn des Forschungsprojekts als freiberufliche Hebamme im Bereich der Schwangerenvorsorge und Wochenbettbetreuung tätig gewesen. Nach ihrem bestandenen Bachelor-Abschluss hängte Peters noch ein Master-Studium auf dem Gebiet Public Health mit dem Schwerpunkt Versorgungsforschung dran. Seit über fünf Jahren lebt sie nun in Köln und ist inzwischen als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Hebammenkunde an der hsg tätig. Nachdem sie zunächst auf dem Gebiet des Blended Learnings im Studienbereich Hebammenwissenschaft an der hsg angestellt war, ist sie nun Projektmitarbeiterin bei HebAB.NRW. Gleichzeitig promoviert sie und ist seit 2016 Leitlinienbeauftragte im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für  Hebammenwissenschaft.

Hebammen sind wertvoll

Dass sie bei der Studie HebAB.NRW mitmachen darf, freut Peters sehr: „Ich finde die Methodik spannend und arbeite generell gerne mit Statistiken. Außerdem möchte ich etwas verbessern. Ich wünsche mir, dass in Zukunft mehr auf die individuellen Wünsche von Frauen bei der Geburt eingegangen wird.“

Auch die Sicht auf die Hebammen würde sie gerne verbessern und sagt: „Dass Hebammen in der journalistischen Berichterstattung zurzeit vor allem im Zusammenhang mit der teuren Haftpflichtversicherung und mit Klinikschließungen erwähnt werden, ärgert mich. Dadurch verliert man aus dem Blick, dass Hebammen wertvoll sind und einen wichtigen Beitrag für junge Familien leisten.“


Wer sich an der Studie beteiligen möchte, kann weitere Informationen auf der offiziellen Homepage des Projekts erhalten: https://www.hebab.nrw/


Text: Dr. Anna Knaup, Online-Redakteurin des hsg-magazins

Aufmacher: hsg.

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