
Von der Ergotherapie in die Forschung
Julia Wikert ist examinierte Ergotherapeutin und Absolventin des Masterstudiengangs ‚Evidence-based Health Care‘ an der Hochschule für Gesundheit (hsg Bochum). Heute arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Im Gespräch mit dem hsg-magazin erzählt sie, wie sich ihr Berufswunsch im Laufe des Studiums verändert hat und welche Studieninhalte ihr in ihrem heutigen Job am meisten nützen.
„Im Bachelorstudium stand mein Plan eigentlich fest: Ich werde Ergotherapeutin“, erzählt Julia Wikert. Die heute 29-jährige hat 2010 angefangen Ergotherapie an der hsg Bochum zu studieren und gehört damit zum ersten Jahrgang, der an der Hochschule für Gesundheit studiert hat. Wikert hatte sich nach dem Abitur für die Ergotherapie entschieden, weil man in diesem Fach nicht festgelegt ist, welche Klient*innen man behandelt, erzählt sie. Ihr sei der Kontakt mit den Menschen bei der Berufswahl wichtig gewesen und auch die Aussicht auf eine abwechslungsreiche Tätigkeit, so die hsg-Absolventin. Dieses Thema zieht sich auch weiterhin durch den Karriereweg Wikerts, jedoch auf eine andere Weise, als sie es zunächst geplant hatte.
Eigene Gestaltungsräume im Masterstudium
Schon während ihrer Bachelorarbeit merkte Wikert, dass ihr das wissenschaftliche Arbeiten Spaß macht. „Ich habe Feldforschung in einer multidisziplinären Spezialambulanz in Großbritannien betrieben. Das war eine tolle Erfahrung,“ erinnert sie sich. Im Anschluss an das Staatsexamen beginnt Wikert als Ergotherapeutin und Dozentin zu arbeiten. Sie weiß jedoch auch, dass sie noch weiter studieren möchte und schreibt sich in den Masterstudiengang ‚Evidence-based Health Care (EbHC)‘ an der hsg Bochum ein. Der Studiengang qualifiziert die Absolvent*innen zur wissenschaftlichen Entwicklung und Überprüfung von Interventionen im Bereich Gesundheitsförderung, Prävention und Versorgung und fördert mittels Projektarbeit die interprofessionelle Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen. Er ist unter anderem offen für Bachelorabsolvent*innen der Fachrichtungen Ergotherapie, Hebammenkunde, Logopädie, Pflege oder Physiotherapie.
„Mir hat an dem Masterstudiengang besonders gut gefallen, dass er mir Raum zur eigenen Gestaltung gegeben hat und ich meine Schwerpunkte selbst wählen konnte“, erzählt die EbHC-Alumna. Während des Studiums arbeitet Wikert als wissenschaftliche Hilfskraft und entdeckt dabei immer mehr die Liebe zur Forschung. „Ich wurde sozusagen wissenschaftlich sozialisiert“, erzählt sie.
Entscheidung für die palliativmedizinische Forschung
So beschloß die Ergotherapeutin, sich nach dem Masterabschluss auf eine Stelle in der Forschung zu bewerben. „Ich bin ganz offen an die Stellenangebote herangegangen und habe geschaut, was mich interessieren könnte“, erinnert sie sich. Wikerts Wahl fällt auf eine Stelle am Zentrum für Onkologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). Dort arbeitet sie in verschiedenen Forschungsprojekten im Bereich Palliativmedizin. Dieser Bereich der Medizin beschäftigt sich mit der Versorgung von unheilbar erkrankten Patient*innen. Die Palliativversorgung, ist daher nicht auf die Heilung einer Erkrankung ausgerichtet, sondern darauf, die vielfältigen Symptome zu lindern, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
"Ich bin ganz offen an die Stellenangebote herangegangen" (Julia Wikert)
Am UKE beschäftigte sich Wikert mit Angehörigen von Palliativpatient*innen. „Wir müssen Angehörige viel stärker in den Forschungsfokus nehmen, denn sie haben ihre ganz eigenen Ängste und Bedürfnisse, die spezifische Unterstützungsangebote erfordern. In der Palliativmedizin betrachten wir Patient*innen und Angehörige deshalb gemeinsam als sogenannte Unit of Care“, erklärt Wikert. Der Übergang von der Ergotherapie zur Forschung im Bereich Palliativmedizin sei ihr leichtgefallen, erzählt sie. Das läge besonders daran, dass beide Bereiche durch ein ganzheitliches Denken geprägt seien und multidisziplinäre Versorgungsansätze bedürfen, so Wikert.
Geprägt durch persönliches Engagement

Die Masterabsolventin weiß auch genau, welche Inhalte des Studiums ihr aktuell am meisten helfen: „Das Wissen darüber, wie unser Gesundheitssystem aufgebaut ist, nutze ich momentan täglich“, berichtet sie. Außerdem hat sie ihr ganz persönliches Engagement an der hsg Bochum beruflich geprägt: Wikert war stellvertretende Vorsitzende des Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der hsg. „Durch die Arbeit im AStA habe ich schon im Studium gelernt, dass man nicht immer alle Aufgaben selbst erledigen und steuern kann. Man muss auch in der Lage sein, Tätigkeiten abzugeben und über die geschnürten Arbeitspakete transparent zu kommunizieren. Diese Erfahrung im Projektmanagement kommt mir jetzt zu Gute“, sagt Wikert
Anfang des Jahres 2020 – mitten im „Corona-Chaos“, wie sie es selbst nennt – wechselte Wikert dann die Stelle. Es zog sie an die Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin der LMU München. Auch dort arbeitet Wikert als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der palliativmedizinischen Versorgungsforschung. Der Fokus ist dieses Mal jedoch ein ganz anderer: „In München bin ich Mitglied einer Forschungsgruppe, in der wir eine Komplexitäts- und Fallmischungs-Klassifikation für Palliativpatienten entwickeln wollen. Momentan arbeite ich an der Entwicklung einer Taxonomie – also einer bestimmten Form der Klassifizierung – zur Beschreibung und Differenzierung palliativmedizinischer Versorgungsmodelle. Diese Arbeit ist sehr konzeptuell und theoretisch – ganz anders als in Hamburg. Mir macht das eine aber genauso Spaß, wie das andere – Hauptsache es wird nicht langweilig“, findet Wikert und bleibt sich dabei ihrer Studienmotivation treu.
‚Evidence Based Health Care‘
Der Masterstudiengang Evidence-based Health Care (EbHC) wird zum Wintersemeser 2020/2021 durch den Studiengang ‚Angewandte Gesundheitswissenschaften‘ ersetzt. Nähere Informationen zu dem neuen Studiengang finden Interessierte hier.
