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Das Bild zeigt die HS Gesundheit.
Foto: HS Gesundheit/Prime Avenue

Studentisches Gesundheitsmanagement: Gemeinsam gegensteuern

13. Januar 2022

Die Pandemie hat Spuren hinterlassen. Auch im Leben von vielen Studierenden. Das bestätigte eine intern durchgeführte Evaluation der Hochschule für Gesundheit. Um dem entgegenzuwirken, startet die Hochschule jetzt in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse (TK) ein Studentisches Gesundheitsmanagement, das nun nach einer Auftaktveranstaltung gemeinsam mit den Studierenden ausgearbeitet wird.

Als Prof.in Dr.in Eike Quilling, Vizepräsidentin für Forschung und Transfer und Professorin für Gesundheitspädagogik und -kommunikation an der HS Gesundheit, Anfang März 2020 die Ergebnisse des Gesundheitsmonitorings sah, war sie über die Zahl der Studierenden überrascht, bei denen es erste Hinweise auf eine Depression gab: „Der Wert lag bei 39 Prozent – und das war noch unmittelbar vor der Pandemie.“ Abgefragt wurde damals der sogenannte WHO-5-Wohlbefindens-Index, der sich auf die letzten beiden Wochen bezieht und unter anderem Fragen stellt wie: War ich froh und guter Laune? Habe ich mich ruhig und entspannt gefühlt? Oder: Habe ich mich energisch und aktiv gefühlt? Die Befragten schätzten sich dann auf einer Skala von 0 (zu keinem Zeitpunkt) bis 5 (die ganze Zeit) selber ein.

Dann kam Corona. Und exakt ein Jahr später die nächste Erhebung. Mit genau den gleichen Fragen, den gleichen Methoden. Das Ergebnis gab Prof.in Dr.in Eike Quilling noch mehr zu denken als im Jahr zuvor: „Ein Jahr mit Pandemie hat dazu geführt, dass dieser Wert auf 68,5 Prozent gestiegen ist.“ Ausgewertet wurden damals die Antworten von 394 Studierenden. Alles Menschen, die mitten im Studium von der Pandemie überrollt wurden. Von jetzt auf gleich waren sie nicht mehr an der Hochschule, sondern wurden fast ausschließlich online unterrichtet. Viele zogen zurück zu ihren Eltern. Manche verloren ihre Jobs, ihre sozialen Kontakte, ihre tägliche Routine. Wurden durch die Ausnahmesituation bereits bestehende psychische Probleme womöglich nur verstärkt? Prof.in Dr.in Eike Quilling geht davon aus, dass dies nur ein Erklärungsansatz ist: „Die Zahlen deuten eher darauf hin, dass hier neue Probleme aufgetaucht sind, da die Fallzahlen sich so deutlich erhöht haben, anderenfalls würden wir nur sehen, dass die Intensität gestiegen wäre, so aber hat sich nicht nur die Qualität, sondern auch die Quantität verändert. Beide Phänomene werden hier sichtbar.“

Das Bild zeigt Marc Rohde (TK), Prof.in Dr.in Eike Quilling, Joachim Schröer (TK), Janna Leimann und Prof. Dr. Sven Dieterich.
Foto: HS Gesundheit/jmj
Die HS Gesundheit startet in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse ein Studentisches Gesundheitsmanagement, das mit den Studierenden ausgearbeitet wird. Abgebildet sind von links nach rechts: Marc Rohde (TK), Prof.in Dr.in Eike Quilling, Joachim Schröer (TK), Janna Leimann und Prof. Dr. Sven Dieterich.

Die Gruppe der Studierenden, von denen in den Medien in den vergangenen Monaten eher selten die Rede war, haben unter der Pandemie stärker gelitten als es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde, das steht für Prof.in Dr.in Eike Quilling fest: „Plötzlich fehlten die privaten Kontakte, das soziale Miteinander der Studierenden an der Hochschule und so etwas wie Zwischen-Tür-und-Angel-Gespräche, also zufällige Begegnungen mit Lehrenden – das hat das Leben der Studierenden auf vielen Ebenen stark beeinträchtigt.“

Interviews mit Studierenden

Um zu erfahren, wo genau die Gründe für die festgestellten psychischen Beeinträchtigungen liegen, wurden die Studierenden daraufhin gezielt in Interviews befragt: „Einige haben angegeben, dass es eine Verschlimmerung von psychischen Vorerkrankungen gab, aber viele sagten auch, dass sie ein erstes Auftreten psychischer Symptome an sich festgestellt haben, also so etwas wie Grübeln, Traurigkeit oder eine Grundmelancholie, die sie vorher nicht an sich kannten und die ihnen plötzlich aufgefallen ist. Viele nannten die fehlende Kommunikation mit Kommiliton*innen als Grund. Sie haben sich natürlich online, virtuell gesehen, aber das nicht als Austausch und echte Kommunikation wahrgenommen.“

Bei allen waren die Ankerpunkte weggefallen. Wie viele Studierende haben sich auf Auslandssemester gefreut, die plötzlich nicht mehr wie geplant möglich waren. Wichtige Stationen im Leben wurden plötzlich bedeutungslos. Als in Gesprächen zwischen Studierenden und Lehrenden deutlich wurde, dass den Studierenden die sozialen Kontakte und der Raum für informellen Austausch fehlen, hat man seitens der HS Gesundheit versucht gegenzusteuern: „Wir haben den Studierenden zum Beispiel Zoom-Räume eingerichtet, in denen sie sich austauschen konnten, ohne dass Lehrende dabei sind. In manchen Studiengängen haben wir auch Studiengangskoordinator*innen als Moderator*innen eingesetzt, da wir festgestellt haben, dass es für viele der Studierenden schwierig ist, sich komplett selbst zu organisieren. Manchmal fehlt einfach die Motivation, also haben wir versucht, Formate zu finden, damit Austausch zumindest virtuell möglich ist, vor allem aber haben wir uns dafür eingesetzt, dass der Präsenzunterricht im Wintersemester wieder losgehen kann, auch schon bevor die Entscheidung dafür im Ministerium gefallen war. Uns war bewusst, wie groß der Handlungsbedarf ist“, so Quilling.

„Wir haben den Studierenden zum Beispiel Zoom-Räume eingerichtet, in denen sie sich austauschen konnten, ohne dass Lehrende dabei sind.“

Aus diesem Handlungsbedarf ist jetzt die Idee eines dauerhaften Studentischen Gesundheitsmanagements geworden, das an der HS Gesundheit implementiert wird. Die Stimmung bei der Auftaktveranstaltung fand Prof.in Dr.in Eike Quilling schon sehr zukunftsgewandt und motiviert: „Ein Studentisches Gesundheitsmanagement aufzubauen, ist grundsätzlich eine gute Idee, nicht nur in Zeiten von Corona. Wir planen – gemeinsam mit der Techniker-Krankenkasse, die uns darin unterstützt – eine langfristige Gesundheitsförderungskultur zu schaffen, bei der es nicht nur darum geht, z.B. Bewegungsangebote zu implementieren. Bewegung alleine reicht nicht aus, um nachhaltig gesundheitsfördernd unterwegs zu sein. Wir wollen uns fragen, wie wir gemeinsam einen Lebensort gestalten können, an dem wir uns gerne aufhalten und wohlfühlen – immer vor dem Hintergrund, dass psychische Gesundheit etwas ist, das wir besonders in den Blick nehmen müssen, wenn es um gesundes Lernen und Arbeiten geht.“

Auf der Auftaktveranstaltung haben sich nun erste Arbeitsgruppen gebildet, die gemeinsam Ideen entwickeln werden. „Es kann sein, dass dabei auch Bewegungsangebote herauskommen, aber sie werden nur ein Teil von vielen anderen Angeboten sein. In erster Linie geht es uns jetzt erst einmal darum, mit den Studierenden gemeinsam auszuloten, was die konkreten Bedarfe sind und welche Angebote entwickelt und implementiert werden sollten. Das können neben Bewegungsangeboten, bewusst niedrigschwellig angebotene Beratungen, Projekte zur gesunden Ernährung, Entspannungs-Angebote vor Ort oder auch digitale Anwendungen wie Apps sein – das Spektrum ist sehr breit und wir haben während Corona viel dazu gelernt.“ In dem von ihr betreuten Masterstudiengang Angewandte Gesundheitswissenschaften hatte Prof.in Dr.in Eike Quilling zum Beispiel in der Vergangenheit Meditations-Apps evaluiert und untersucht, was es den Studierenden bringt, wenn sie regelmäßig mit deren Hilfe meditieren oder Achtsamkeitsübungen durchführen. „Insofern schauen wir natürlich auch, auf welche digitalen Unterstützungsangebote man zurückgreifen kann und wie wir sie sinnvoll in ein Studentisches Gesundheitsmanagement einbauen können.“

„In erster Linie geht es uns jetzt erst einmal darum, mit den Studierenden gemeinsam auszuloten, was die konkreten Bedarfe sind.“

Ein laufender Prozess, bei dem es von Bedeutung sei, auch auf die Expertise der Studierenden zurückzugreifen: „Das machen wir mit dem Master Angewandte Gesundheitswissenschaften bereits jetzt und in diesem Rahmen haben wir ursprünglich auch das Gesundheitsmonitoring gestartet. Und natürlich ist es auch unser Ziel, die verschiedenen Studienbereiche, die an der HS Gesundheit vertreten sind, mit einzubinden und zu gucken, wie die Expertise von den Studierenden sofort mit einfließen kann.“ Das sei auch der ausdrückliche Wunsch der Studierenden gewesen, die nach der Auftaktveranstaltung eine überwiegend positive Rückmeldung gaben: „Sie wollen einen Beitrag leisten und freuen sich, dass sie so einbezogen werden. „Ich denke, der Aspekt der Partizipation spielt eine ganz große Rolle, letztendlich auch für die Akzeptanz der künftigen Angebote, die wir nun gemeinsam entwickeln werden.“

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