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Das Bild zeigt eine hsg-Studentin mit einem Pinard-Rohr – geburtshilfliches Stethoskop.
Foto: hsg Bochum/Volker Wiciok

10 Fakten zum neuen Hebammenstudium

6. Februar 2020

Alle, die Hebamme werden wollen, sollen künftig ein duales Studium absolvieren – so will es das Hebammenreformgesetz, das der Deutsche Bundestag 26. September 2019 verabschiedet hat und dem am 8. November 2019 auch der Bundesrat zustimmte. Ergänzend zur Reform des Berufsgesetzes wird auch die Studien- und Prüfungsverordnung für Hebammen an das duale Studium angepasst. Damit soll die Hebammenausbildung in Deutschland flächendeckend modernisiert und der Hebammenberuf auf europäischer Ebene gestärkt werden. An der Hochschule für Gesundheit (hsg Bochum) kann man bereits seit dem Wintersemester 2010/2011 den primärqualifizierenden Bachelor-Studiengang Hebammenkunde studieren. Doch zum Wintersemester 2021/2022 stellt die hsg Bochum ihren Studiengang um und passt sich damit den neuen Vorgaben an. Was sich jetzt für die Hochschule, Kooperationspartner und Studierende im neuen Modell ändert, hat das hsg-magazin zusammengefasst:

1. Aus Entbindungspfleger wird Hebamme

In der Schweiz sowie in anderssprachigen Ländern ist es schon immer üblich, dass auch männliche Vertreter der Berufsgruppe Hebamme genannt werden. In Deutschland wurde 1985 das Wort ‚Entbindungspfleger‘ als offizielle Berufsbezeichnung für männliche Hebammen eingeführt. Damit sollte unterstrichen werden, dass die gesetzlichen Grundlagen auch für männliche Berufsbewerber gelten. Diese Wortneuschöpfung verschwindet mit dem neuen Hebammenreformgesetz wieder. Damit gilt die Berufsbezeichnung ‚Hebamme‘ nun für alle Berufsangehörigen – gleich welchen Geschlechtes.

2. 12-jährige Schulausbildung als Zugangsvoraussetzung

Das Hebammenreformgesetz sieht den Abschluss einer mindestens zwölfjährigen Schulausbildung oder den erfolgreichen Abschluss einer Berufsausbildung als Gesundheits- und Krankenpfleger*in, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger*in, Pflegefachfrau oder Pflegefachmann als Zugangsvoraussetzung für das Hebammenstudium vor. Damit ändert sich in Bezug auf die Zugangsvoraussetzungen für das Studium an der hsg Bochum nichts – hier muss allerdings weiterhin ein vierwöchiges Berufspraktikum in einer Einrichtung nachgewiesen werden, in der potentielle Bewerber*innen die Spezifika des Hebammenberufs kennen lernen können.

Zu sehen sind zwei Studentinnen, die an einer Simulationspuppe üben.
Foto: hsg Bochum/Volker Wiciok
An der hsg Bochum können Studierende ihre Fähigkeiten an Simulatoren trainieren, bevor sie diese in den Praxisphasen anwenden. Foto: hsg Bochum/Volker Wiciok

3. Berufsbezeichnung erst nach dem Bachelor-Abschluss

Aktuell erhalten Hebammenstudierende bereits nach bestandener Abschlussprüfung im siebten Semester ihre Berufszulassung als Hebamme. Im Anschluss daran schreiben die Studierenden ihre Bachelor-Arbeiten und erlangen dann in ihrem letzten Hochschulsemester den Abschluss Bachelor of Science Hebammenkunde. Zukünftig erwerben die Studierenden die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung ‚Hebamme‘ nach dem erfolgreichen Abschluss des Studiums (inklusive der Bachelor-Arbeit).

4. Praktisches Lernen unter Anleitung

Künftig sollen 25 Prozent der Stunden während der Praxiseinsätze der Studierenden unter Anleitung einer praxisanleitenden Person erfolgen. Allerdings ist eine Übergangsphase bis 2030 geplant, in der auch eine geringere Prozentzahl von mindestens 15 Prozent zulässig ist. Praxisanleitende Personen sind dabei all diejenigen, die die Berufsbezeichnung Hebamme führen, mindestens zwei Jahre Berufserfahrung haben, eine Zusatzqualifikation im Umfang von mindestens 300 Stunden und eine berufspädagogische Fortbildung von mindestens 24 Stunden pro Jahr absolvieren. Bislang bietet die Hochschule für Gesundheit diese Weiterbildung für Kooperationspartner kostenlos an. Angebote für die berufspädagogische Weiterbildung nach der Weiterbildung zum*zur Praxisanleiter*in sollen folgen.

5. Verankerung von Praxisbegleitung

Neben der Praxisanleiter-Quote wurde mit der sogenannten ‚Praxisbegleitung‘ ein weiteres neues Element in das Hebammenstudium integriert. Im Rahmen von Praxisbegleitung unterstützt die Hochschule zukünftig konkret die berufspraktische Ausbildung der Studierenden und berät die verantwortlichen Praxisanleitenden in Angelegenheiten der praktischen Ausbildung.

6. Das Studium wird kompakter

Aktuell umfasst der Studiengang Hebammenkunde an der hsg Bochum acht Semester Regelstudienzeit. Diese werden mit der Umstrukturierung zum Wintersemester 2021/2022 voraussichtlich auf sieben Semester reduziert. Das Hebammenreformgesetz selbst gibt einen Spielraum von sechs bis acht Semestern vor. Zudem werden die bislang üblichen 3000 Praxisstunden, die die Studierenden während der Studienzeit absolvieren müssen auf 2200 Stunden verkürzt. „Da das neue Gesetz in den praktischen Phasen zukünftig eine gezielte Praxisanleitung durch qualifizierte Praxisanleiter*innen sowie eine Praxisbegleitung durch die Hochschule vorsieht, kann der Lernprozess der Studierenden trotz reduzierter Stundenzahl zukünftig noch stärker gefördert und systematischer begleitet werden“ sagt Prof. Dr. Martina Schlüter-Cruse, Professorin für Hebammenwissenschaft an der hsg Bochum.

"Der Lernprozess kann trotz reduzierter Stundenzahl zukünftig stärker gefördert und systematischer begleitet werden"

7. Studierende erhalten Vergütung für Praxiseinsätze

Anders als bislang werden Studierende, die im neuen System ab 2021/2022 starten, während des gesamten Studiums eine monatliche Vergütung erhalten. Diese wird aus dem bestehenden Ausgleichsfond nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz finanziert und von den an der praktischen Ausbildung beteiligten Krankenhäusern an die Studierenden überwiesen werden. Die genaue Höhe der monatlichen Vergütung steht noch nicht fest.

8. Ausbildungsverträge regeln Zusammenarbeit

Aktuell gibt es keinen Vertrag zwischen den Hebammenstudierenden und den verantwortlichen Praxiseinrichtungen. Dies wird sich zum Wintersemester 2021/22 ändern. Schlüter-Cruse: „Da der Träger der verantwortlichen Praxiseinrichtung den Studierenden von Beginn des Studiums an bis zum Ende des Vertragsverhältnisses zukünftig eine Vergütung zahlt, wird es vertragliche Regelungen zwischen den Studierenden und den Praxiseinrichtungen geben.“ Dies setzt voraus, dass die Praxiseinrichtung zuvor einen Kooperationsvertrag mit der Hochschule abgeschlossen hat. Die Hochschule trägt auch zukünftig die Gesamtverantwortung für die Koordination zwischen Theorie und Praxis.

9. Zukünftige Zusammenarbeit mitgestalten

Mit dem Wechsel zum neuen Studienmodell müssen bestehende Kooperationsvereinbarungen zwischen der hsg Bochum und Praxiseinrichtungen angepasst und neue Kooperationsvereinbarungen für zukünftige Kooperationspartner aufgesetzt werden. Um sicherzustellen, dass alle Beteiligten Gehör finden, möchte der Studienbereich Hebammenwissenschaft der hsg Bochum einen Fachbeirat ins Leben rufen, der die Umsetzung der neuen gesetzlichen Anforderungen, insbesondere mit dem Blick auf die praktische Ausbildung, mitgestaltet und mit berät. Mitmachen können Vertreter*innen aller interessierten Praxiseinrichtungen. Wer Interesse hat, die künftige Zusammenarbeit mitzugestalten, kann sich formlos bei der Studiengangskoordinatorin Fabiola Jessen melden.

10. Veränderungen der praktischen Prüfung für den Kompetenzbereich ‚Geburt‘

In der neuen Prüfungsordnung sind wie bisher drei praktische Prüfungsteile vorgesehen. Die größte Neuerung umfasst den Kompetenzbereich ‚Geburt‘, der zukünftig nicht mehr mit einer realen ‚Examensgeburt‘ geprüft wird, sondern in einer Simulationssituation einer Geburt. „Die für diesen Prüfungsteil aufzubringenden hohen zeitlichen und personellen Ressourcen ließen bisher eine Erhöhung der Studierendenzahlen nicht zu. Der aktuelle ‚Hebammenmangel‘ sowie die Umsetzung der Vollakademisierung fordern uns als Hochschule jedoch heraus. Durch die Änderung der Prüfungsform entstehen neue Spielräume im Hinblick auf unsere Aufnahmekapazitäten. Darüber hinaus ist eine Geburt sowohl in ihrem Beginn als auch in ihrem Verlauf wenig plan- und vergleichbar. Gebärenden ist eine Prüfungssituation währen der Geburt ihres Kindes nicht zuzumuten. Durch diese Prüfungsform ergaben sich in der Vergangenheit für die Studierenden unterschiedliche Anforderungen sowohl in Bezug auf den Zeitpunkt der Prüfung als auch auf die tatsächlichen Prüfungsinhalte. Mit der Veränderung schaffen wir vergleichbare Prüfungsbedingungen für alle Studierenden“, so Schlüter-Cruse. Zudem können die praktischen und schriftlichen Prüfungen in Zukunft auf die letzten beiden Semester verteilt werden, was die bislang große Prüfungsbelastung im letzten Semester entzerrt.

Studentin untersucht unter Aufsicht einer Hebamme den Bauch einer Übungspuppe
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