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Der Lesepartner mit der kalten Schnauze

4. Dezember 2017

Pipa Costard ist eine neue Mitarbeiterin der Hochschule für Gesundheit (hsg) und hat hier einen Spezialauftrag zu erfüllen: Sie soll dafür sorgen, dass sich Leute in ihrer Nähe besonders wohl fühlen. Kein Problem für Pipa, denn ihren Knopfaugen und dem kuscheligweichen Fell kann sowieso niemand widerstehen. In den Herbstferien war der Vierbeiner von Prof. Dr. Sylvia Costard, die hsg-Professorin für Logopädie ist, zum ersten Mal als Lesehund an der Hochschule für Gesundheit tätig.

Pipas neuer Job

An ihrem Arbeitsplatz steht schon alles bereit, was Pipa für die nächste Sitzung braucht: Ihre Decke liegt in der Ecke bereit, ein braunes Kuscheltuch verströhmt den wohlbekannten Duft ihres Zuhauses und in einer durchsichtigen Plastikdose warten zahlreiche Leckereien auf sie. Ihre Arbeitskleidung hat Pipa auch schon an: Auf einem Dreieckstuch, das sie um den Hals trägt, ist geschrieben, das sie ein „Lesehund“ ist. Dann kann es ja jetzt losgehen!

In den Herbstferien hat Pipa dem zehnjährigen Cedrik die Lesetherapie an der Hochschule für Gesundheit angenehm gemacht. Cedrik geht in die vierte Klasse einer Grundschule und ist eines von vielen Kindern, die nicht gut lesen können und daher eine Lesetherapie machen.

hsg-Bochum

Wenn einen der Mut beim Lesenlernen verlässt

Wenn Kinder Probleme beim Spracherwerb haben, dann zeigen sie oft nicht nur Schwierigkeiten beim Sprechen, sondern später auch beim Schreiben und Lesen. Sie brauchen zum Beispiel länger, um Texte zu verstehen oder sich Wortformen zu merken. „Vielleicht sind diese Kinder am Anfang trotzdem noch motiviert, das Lesen zu erlernen. Aber wenn Sie dann ungefähr in der dritten Klasse merken, dass sie im Vergleich zu den anderen Kindern in der Klasse viel langsamer sind, dann verlieren sie oft den Mut“, weiß Prof. Dr. Sylvia Costard.

An der Hochschule für Gesundheit kann diesen Kindern geholfen werden. „Wir machen hier mit den Kindern ein systematisches Lesetraining“, erklärt Costard „Eine wirksame Methode in der Therapie ist zum Beispiel das Repeated-Reading, bei dem ein Text wiederholt gelesen und vertieft wird.“

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Ein Hund motiviert

Auch wenn die Übungen sinnvoll sind, findet Cedrik sie aber selten spannend. Deswegen ist für ihn die Lesetherapie immer ein unliebsamer Termin gewesen. Das hat sich durch Pipa geändert. Auf die Frage, ob er denn dank des Pudel-Mixes lieber zu den Sitzungen kommt, werden bei dem Viertklässler strahlende Augen von einem eifrigen Kopfnicken begleitet. Kein Zweifel: Mit Pipa macht ihm die Therapie auf einmal Spaß.

Dabei hat Pipa eigentlich einen ganz entspannten Job zu erledigen: Sie muss einfach nur da sein. Währenddessen macht Jessica Dederichs, die an der hsg Logopädie studiert und gerade ihre Bachelor-Arbeit über die Lesetherapie mit Hund schreibt, verschiedene Leseübungen mit Cedrik. Um Pipa kümmert sich derweil Prof. Dr. Sylvia Costard und hat dabei natürlich auch die einzelnen Leseübungen immer im Blick. „Alleine schon durch die Anwesenheit von Pipa können Kinder die Therapie mit etwas Positivem verbinden“, erklärt Costard. „Natürlich könnte man die einzelnen Übungen auch genauso ohne Hund durchführen. Aber das wäre dann nicht so eine nette Situation und die Motivation der Kinder wäre deutlich geringer.“

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So macht das Lesen wieder Spaß

Und tatsächlich: In einer Übung soll Cedrik den Text von hinten nach vorne lesen – und hört auf einmal gar nicht mehr mit dem Lesen auf. Vielleicht liegt das auch daran, dass er für besonders gute Leistungen in der Therapie mit kleinen Karten in Knochen-Form belohnt wird, die er am Ende der Sitzung gegen echte Leckerlis für Pipa eintauschen darf. Darauf freut er sich schon zu Beginn der Sitzung, als ihm die erste Karte überreicht wird.

Immer wieder huscht Cedriks Blick während der Lesetherapie zu dem kleinen weißen Vierbeiner, der ganz entspannt den Raum erkundet, hier oder da stehen bleibt und es sich immer mal wieder zwischen den Menschen auf dem türkisfarbenen Teppich gemütlich macht. Die unliebsamen Leseübungen macht der Zehnjährige so dank Pipa ganz nebenbei.

Am Ende der Sitzung bekommen Cedrik und Pipa dann beide den Lohn für ihre Arbeit: Der Zehnjährige darf den Pudel-Mix mit getrocknetem Hühnchen aus der Plastikdose füttern. „Ich freue mich schon auf morgen“, verkündet Cedrik nach seiner ersten Therapie-Stunde mit Pipa. Und die beiden Lesetherapeutinnen Prof. Dr. Sylvia Costard und Jessica Dederichs freuen sich über den schnellen Erfolg von Pipas Arbeit. „Das hat Cedrik in den letzten zwei Jahren zuvor wirklich noch nie gesagt“, erinnert sich Dederichs zurück.


Text: Dr. Anna Knaup, Online-Redakteurin des hsg-magazins

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