
Interkulturelle Begegnung in der Hustadt
Wie interkulturelle Begegnungen als Chance und weniger als Herausforderung gestaltet werden können, lernen Studierende des Bachelorstudiengangs ‚Gesundheit und Diversity‘ unter anderem im Rahmen des Beratungsmoduls an der Hochschule für Gesundheit (hsg Bochum) unter der Leitung von Prof. Dr. Anna Mikhof.
Bereits Ende 2016 ist das Projekt zur interkulturellen Begegnung gemeinsam mit Psychologie-Studierenden der umliegenden Universitäten entstanden und wurde von Mikhof begleitet, die an der hsg Professorin für Gesundheitspsychologie über die Lebensspanne ist.
Ein Begegnungscafé in der Hustadt
Veranstaltungsort ist ein Begegnungsraum für geflüchtete Frauen mit Kindern in der Großwohnsiedlung Hustadt im Bochumer Stadtteil Querenburg. Das Begegnungscafé wird partizipativ, also durch aktive Beteiligung der Betroffenen, gestaltet. Die Bedürfnisse von Geflüchteten stehen dabei im Vordergrund und gemeinsam mit den Studierenden wird erarbeitet, wie man die vorgebrachten Themen angehen und umsetzen kann.
Mikhof erklärt: „Es wird geflüchteten Menschen und den Studierenden die Möglichkeit gegeben, miteinander in Kontakt zu kommen. Auf diese Weise können Geflüchtete ihre sprachlichen Kenntnisse und Gesundheitskompetenzen trainieren. Sie haben die Möglichkeit, Probleme, die sie bewegen, anzusprechen und Lösungsansätze zu finden.“ Aber auch für die Studierenden sieht Mikhof Chancen: „Studierende können hier zum Beispiel ihre interkulturelle Beratungs- und Interventionskompetenz stärken.“
Verschiedene kulturelle Hintergründe
Eine der Studierenden, die an dem Projekt teilgenommen hat, ist Nina Haase, die an der hsg Gesundheit und Diversity studiert. Die Hustadt als Veranstaltungsort findet Haase besonders interessant und sagt: „Hier leben die verschiedensten Menschen mit den verschiedensten kulturellen und sozialen Hintergründen. Alle diese Menschen bilden eine heterogene Nachbarschaft, was die Hustadt zu einem besonderen Ort macht.“
Die erste Veranstaltung fand am Abend in einem großen, hellen Raum statt. Hier versammelten sich geflüchtete und migrierte Frauen mit Kindern und Studierende. Nach einer Begrüßung und dem ersten Austausch ging es auch schon los mit der Beratung in kleinen Gesprächsgruppen. „Anfangs waren alle Gesprächsteilnehmer*innen noch ein wenig zurückhaltend und ein wenig aufgeregt, allerdings änderte sich das im Laufe des Gespräches“, erinnert sich die hsg-Studentin Haase. „Anfängliche Themen waren bei uns unter anderem die Barrieren der Frauen, die deutsche Sprache zu erlernen, und die daraus entstehenden Probleme, wie zum Beispiel die ärztliche Versorgung, die neue Wohnsituation oder der Umgang mit der neuen Bildungssituation der Kinder“, so Haase weiter.

Ein starker Wille
Sie ist davon überzeugt, dass es die migrierten Frauen in ihrem Alltag in Deutschland nicht immer leicht haben und sie meint: „Während der Gespräche wurde immer klarer, dass die Anwohner*innen der Hustadt einen sehr starken kämpferischen Willen zeigen und Möglichkeiten suchen, um Barrieren zu bewältigen. Trotz fehlender Unterstützung an einigen Stellen im System suchen sie Lösungen für Probleme und engagieren sich zum Beispiel durch den Besuch im Begegnungscafé für eine gute Integration.“
Wie man Beratungsgespräche führt, lernen die Studierenden zwar in ihrem Studium, doch Haase merkt an: „Durch die realen Bedingungen waren die Gespräche mit den Frauen anfangs anders als die Beratungen in den Übungsstunden. Man hat sich aber schnell an die neue Situation gewöhnt“, sagt Haase. In der Praxis könne man einfach noch mal anders lernen als in Skills Labs, findet sie, und fügt hinzu: „Die Besuche in der Hustadt waren also nicht nur für die Prüfungsleistung sehr sinnvoll, sondern dienten auch meiner persönlichen Entwicklung und für meine Praxiserfahrung im Bereich Beratung.“
Praxisnahe Vermittlung
Genau dies ist das Ziel der außergewöhnlich praxisnahen Veranstaltung. Mikhof erklärt: „Im Fokus steht die praxisnahe Vermittlung von Fähigkeiten und Einstellungen an Studierende im Umgang mit Menschen mit zwischenmenschlichen Problemen, Diversity-Problemen, psychischen Problemen und Beeinträchtigungen.“
An den Begegnungstreffen in der Hustadt würde Haase jederzeit wieder teilnehmen und ist überzeugt: „Man lernt dort nicht nur für die Hochschule, sondern auch für das Leben.“ Sie resümiert: „Es war spannend über die Herausforderungen der geflüchteten und migrierten Frauen mehr zu erfahren und sie dabei zu begleiten, Lösungsansätze zu finden. Es wurde auch sehr viel gelacht und die unterschiedlichsten kulturellen Gegebenheiten wurden diskutiert. Besonders gefreut habe ich mich rückblickend auf die Veranstaltung über neue Bekanntschaften, die ich machen durfte, und echte Dankbarkeit der Bewohner*innen.“ Und Mikhof merkt an: „In den kommenden Semestern wird es wieder für Geflüchtete und Studierende die Möglichkeit geben, am Begegnungsort in der Hustadt mitzuwirken.“
Text: Dr. Anna Knaup, Online-Redakteurin des hsg-magazins (26.11.2018)
Aufmacher: hsg. Zu sehen ist Nina Haase.