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Foto: HS Gesundheit/ds

Lehrpreis: Vier Wissenschaftler*innen im Interview

14. Dezember 2022

Er wurde bereits zum dritten Mal verliehen – der Lehrpreis der Hochschule für Gesundheit (HS Gesundheit) in Bochum. Sein Schwerpunkt diesmal? Individuelles Lernen. Studierende durften ihre Lehrenden für den Lehrpreis nominieren. Eine Jury aus Studierenden, Lehrenden und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen wählte dann aus den eingereichten Vorschlägen die Preisträger*innen. Die Auszeichnung wurde jetzt beim Tag der Lehre vom Vizepräsidium für Studium und Lehre verliehen. Zu den Preisträger*innen zählen: Prof.in Dr.in Renate Schramek, Prof. Dr. Sascha Sommer sowie Aileen Späth. Darüber hinaus hat die Jury Maja Kuchler besonders gewürdigt. In kurzen Interviews verraten die vier Wissenschaftler*innen unter anderem, was sie Studierenden mit auf den Weg geben möchten.

Prof.in Dr.in Renate Schramek, Professorin für Gesundheitsdidaktik.

Prof.in Dr.in Renate Schramek, Professorin für Gesundheitsdidaktik

Die Vergabe des dritten Lehrpreises der HS Gesundheit stand unter dem Motto „Individuelles Lernen“: Wie unterstützen Sie Studierende beim individuellen Lernen?

Prof.in Dr.in Renate Schramek: Ich versuche die theoretischen Inhalte und Modelle mit den Erfahrungen der Studierenden, die sie in Praktika oder – wenn sie neben dem Studium bereits arbeiten – in ihrem Berufsalltag gesammelt haben, zu verbinden. Manchmal ergibt sich auch die Möglichkeit, Themen nach Interesse oder Wünschen der Studierenden zu vertiefen, solche Situationen nutze ich.

Wo es passt, biete ich Studierenden zusätzliches Lehrmaterial zum individuellen und flexiblen Lernen an, um Themen noch weiter vertiefen zu können oder Studierenden, die vielleicht einmal nicht am Präsenzunterricht teilnehmen können, zu helfen, den Anschluss zu behalten.

Wie gehen Sie in Ihrer Lehre insbesondere auf die Vielfalt der Studierenden ein?

Prof.in Dr.in Renate Schramek: Indem ich zum Beispiel versuche für verschiedene Lerntypen Methoden in meine Lehre einzubauen. Manche Studierenden lernen lieber im Austausch über kommunikative Wege, andere ziehen die systematische Auseinandersetzung mit Texten vor. Ein Modul ist dann gelungen und vielfältig, wenn alle Studierenden Anknüpfungspunkte finden. Darüber hinaus bleibe ich gern mit den Studierenden im Austausch, weil man dadurch als Lehrender eine Vorstellung von den Bedarfen bekommt und diese besser in seine Lehre integrieren kann.

Sie wurden unter anderem dafür gelobt, in ihren Lehrveranstaltungen mit den Studierenden zu interagieren, sie im Lernprozess mit Rat zu begleiten und mit Ihrer Lehre zugleich das Selbstbewusstsein von Studierenden zu fördern. Was ist Ihnen besonders wichtig, Studierenden mit auf den Weg zu geben?

Prof.in Dr.in Renate Schramek: Dass jeder einzelne ein Gefühl für seine Potenziale bekommt. In individuellen, teils auch gemeinsamen Reflektionen versuche ich bei den Studierenden das Gefühl für die eigenen Stärken zu fördern und Anregungen zu geben, Kompetenzen weiter zu entwickeln. Wenn es um die Reflektion eigener Kompetenzen geht, kann man das gut mit der eigenen Berufsbiografie und Visionen zur eigenen Professionalität verbinden. Das Bewusstwerden der eigenen Kompetenzen und Stärken wirkt sich förderlich auf das Selbstbewusstsein aus und genau das bei den Studierenden zu stärken, ist mir wichtig.


 

Foto: HS Gesundheit
Prof. Dr. Sascha Sommer, Prodekan des Departments für Angewandte Gesundheitswissenschaften.

Prof. Dr. Sascha Sommer, Prodekan des Departments für Angewandte Gesundheitswissenschaften

Die Vergabe des dritten Lehrpreises der HS Gesundheit stand unter dem Motto „Individuelles Lernen“: Wie unterstützen Sie Studierende beim individuellen Lernen?

Prof. Dr. Sascha Sommer: Ich bemühe mich themenbezogen um eine didaktische Methodenvielfalt, um individuellen Lernstilen möglichst weit entgegen kommen zu können. Dazu gehört auch ganz simpel, dass ich in meinen Veranstaltungen regelmäßig frage, ob inhaltliche Ausrichtung, Tempo, Gestaltung und Anspruchsniveau für alle passen. Ich verstehe mich da als Lehrender gleichzeitig auch selbst als Lernender und versuche offen für Impulse und Kritik zu bleiben.

Wie gehen Sie in Ihrer Lehre insbesondere auf die Vielfalt der Studierenden ein?

Prof. Dr. Sascha Sommer: Meine Verortung in der Welt ist insgesamt konstruktivistisch geprägt. In dem Sinne bemühe ich mich darum, den Studierenden weitestmöglich in ihren Lebenswelten und Wirklichkeitskonstruktionen entgegen zu kommen. Wir Lehrenden müssen verstehen und berücksichtigen, in welchen komplexen und herausfordernden gesellschaftlichen Bedingungen unsere Studierenden ihre Wege gehen. Ihnen dabei in ihrem Studienverlauf respektvoll zu begegnen und sich auch in der Lehre um die Gestaltung von Chancengleichheit zu bemühen, ist ein Anspruch, den ich sicher nicht immer erfülle, dem ich aber versuche, gerecht zu werden.

Sie wurden unter anderem dafür gelobt, in Ihrer Lehre auch weitergehende Lernmaterialien in Form von Podcasts oder Interviews einzusetzen, die zu einem individuellen Lernen, Nachlernen oder Vertiefen des bereits Erlernten motivieren. Was ist Ihnen besonders wichtig, Studierenden mit auf den Weg zu geben?

Prof. Dr. Sascha Sommer: Das lässt sich einfach und sehr kurz beantworten: Kritisches und selbstbestimmtes Denken. Daher auch der Versuch, die Themen aus möglichst vielen verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Oder in den Worten von Schriftsteller und Künstler Francis Picabia: Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.


 

Aileen Späth, Lehrkraft für besondere Aufgaben im Studienbereich Ergotherapie.

Aileen Späth, Lehrkraft für besondere Aufgaben im Studienbereich Ergotherapie

Die Vergabe des dritten Lehrpreises der HS Gesundheit stand unter dem Motto „Individuelles Lernen“: Wie unterstützen Sie Studierende beim individuellen Lernen?

Aileen Späth: Ich versuche eine Lernatmosphäre zu entwickeln, in der Studierende sich sicher fühlen auch kritische Fragen zu stellen und sich mit ihren Gedanken und Erfahrungen einzubringen. Ich möchte Studierende dazu anspornen, gemeinsam in der Lehre zu erarbeiten, was sie für sich aus ihren Erfahrungen lernen können und ihnen zugleich ein Feedback geben, das sie ermutigt, Situationen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten.

Wie gehen Sie in Ihrer Lehre insbesondere auf die Vielfalt der Studierenden ein?

Aileen Späth: Im Verlauf der Lehre, wenn mich Studierende kennen lernen, zeigt sich ein vertrauensvoller Umgang und sie äußern Wünsche und Bedarfe, die ich versuche in meiner Lehre aufzugreifen und umzusetzen. Mein Ziel ist es, die Studierenden gut auf die Praxis vorzubereiten. Dafür brauchen sie innerhalb der Lehre Zeit, sich persönlich weiterzuentwickeln. Sie brauchen Zeit, ihrer Neugierde auf den angestrebten Gesundheitsberuf nachzugehen, ihre Ängste und Befürchtungen abzubauen. Diese Zeit und diesen Raum versuche ich jedem zu geben.

Sie wurden unter anderem dafür gelobt, in Ihrer Lehre auch Fallbeispiele aus ihrer ergotherapeutischen Berufserfahrung heraus zu teilen und den Lernstoff so nicht nur praxisorientiert und greifbar zu gestalten, sondern anzuspornen, intensiver in die Themen einzutauchen. Was ist Ihnen besonders wichtig, Studierenden mit auf den Weg zu geben?

Aileen Späth: Ich sehe es als meine Verantwortung, den Theorie-Praxis-Transfer anhand meiner persönlichen Berufserfahrungen exemplarisch darzustellen. Mir ist es wichtig, meine Erfahrungen als Beispiele aufzuzeigen, zu erläutern, wieso ich wie gehandelt habe und was ich für mich daraus lernen konnte. Die Studierenden sollen mein Handeln oder die vorgestellten Theorien nicht als die einzige Wahrheit, sondern als eine von weiteren Möglichkeiten ansehen. Ich lade Studierende dazu ein sich selbst zu Fragen, wie sie handeln würden und das auch für sich fachlich zu begründen. Dabei beschreibe ich Situationen, in die ich unvorbereitet als Berufsanfängerin geraten bin, ich bespreche mit den Studierenden einen möglichen Umgang mit solchen Situationen und was ich persönlich getan habe, um mich aus diesen Erfahrungen heraus weiterentwickeln zu können. Denn darauf lege ich besonderen Wert: Dass Studierende sich in der Lehre weiterentwickeln dürfen und ein Gefühl dafür entwickeln, wo ihre Fähigkeiten liegen, um flexibel in beruflichen Situationen handeln zu können.


 

Maja Kuchler, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „PEPE – Partizipative Entwicklung von Peer Learning in der Ergotherapie“.

Maja Kuchler, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „PEPE – Partizipative Entwicklung von Peer Learning in der Ergotherapie“

Die Vergabe des dritten Lehrpreises der HS Gesundheit stand unter dem Motto „Individuelles Lernen“: Wie unterstützen Sie Studierende beim individuellen Lernen?

Maja Kuchler: PEPE schafft vielfältige Lernangebote. Das Projekt beschäftigt sich mit der Entwicklung von Peer-Learning-Angeboten in der Ergotherapie. Es werden Angebote entwickelt, mit denen sich Studierende – meist unterschiedlicher Jahrgänge – gegenseitig beim Lernen unterstützen. Das heißt, dass Studierende als Tutor*innen in die Rolle der Anleitenden schlüpfen und mit anderen Studierenden ihr Wissen teilen. Das kann über ein Videotutorial sein, eine praktische Übung vor Ort oder eine Fallbesprechung im Onlineformat.

Studierende lernen von- und miteinander. Der partizipative Projektansatz ermöglicht es auf die spezifischen Herausforderungen von Studierenden einzugehen. Dabei entwickeln sie Angebote, die ganz individuell an die Wünsche der Teilnehmenden angepasst sind, zum Beispiel ein Vertiefungskolloquium zu einem Thema aus der Lehre.

Wie gehen Sie in Ihrem Projekt insbesondere auf die Vielfalt der Studierenden ein?

Maja Kuchler: Die Studierenden, die bei uns im Studienbereich als Tutor*innen aktiv sind, werden in Workshops geschult. Dabei wird die Rolle von Tutor*innen erarbeitet und die Studierenden lernen didaktische Grundlagen und Methoden kennen, die ihnen Sicherheit bei der Gestaltung ihrer Angebote geben. Die Studierenden werden hierbei auch für verschiedene Lerntypen sensibilisiert, sodass sie die Tutorien abwechslungsreich gestalten können und auf die verschiedenen Bedürfnisse ihrer Kommiliton*innen eingehen können.

Sie wurden unter anderem dafür gelobt, in Ihrem Projekt auf eine Vielfalt an Methoden zurückzugreifen und eine Peer-Learning-Kultur – eine Kultur, in der sich Studierende gegenseitig beim Lernen unterstützen – zu schaffen. Was ist Ihnen besonders wichtig, Studierenden mit auf den Weg zu geben?

Maja Kuchler: Ich möchte ihnen mitgeben, wie wertvoll es für die eigene berufliche Praxis sein kann, bereits während des Studiums in die Rolle des*der Anleitenden zu wechseln und sie dahingehend ermutigen. Denn Ergotherapeut*innen treffen im Berufsalltag häufig auf verschiedene Klient*innen, die sie anleiten müssen. Darüber hinaus ist es mir wichtig Studierenden zu verdeutlichen, welchen Mehrwert es für sie und ihre Kommiliton*innen hat, sich mit anderen Studierenden zu vernetzen und fachlich auszutauschen.


Headerbild (v.li.n.re.): Maja Kuchler, Aileen Späth, Prof.in Dr.in Renate Schramek und Prof. Dr. Sascha Sommer. Verliehen wurden die Auszeichnungen von Prof. Dr. Sven Dieterich, Vizepräsident für Studium und Lehre.