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Studierende der HS Gesundheit bei einer simulationsbasierten Übung mit einem High-Fidelity-Mannequin.
Foto: HS Gesundheit

Pflege akademisch denken

10. Mai 2022

Zwei junge Frauen, eine berufliche Richtung: Celine Schmitt studiert an der Hochschule für Gesundheit (HS Gesundheit) in Bochum den Bachelorstudiengang Pflege, Santana van der Woude den berufsbegleitenden Bachelorstudiengang Evidenzbasierung pflegerischen Handelns. Beide verbindet vor allem eins – sie wollen mit Menschen arbeiten, für Menschen da sein. Und das in einer der größten Branchen hierzulande, der Gesundheitswirtschaft.

Es klingelt. Celine Schmitt öffnet die Tür zum Zimmer, aus dem der Hilferuf kommt. Der Patient im Krankenbett hustet stark, ringt nach Luft. Der Patient ist ein High-Fidelity-Mannequin, quasi eine Puppe, die in einem in Szene gesetzten Krankenhauszimmer in der HS Gesundheit liegt, Symptome simulieren und Biofeedbacks geben kann. Gesteuert wird der Patient von einem extra geschulten wissenschaftlichen Mitarbeiter aus dem Department für Pflegewissenschaft. Mit dem Mannequin können Pflegestudierende auf komplexe Situationen im Berufsalltag vorbereitet werden. „Der Fall wurde simuliert, aber wahnsinnig authentisch, er könnte genauso im Klinikalltag passieren. Bei dem Szenario ging es ums Trainieren der Akutversorgung von Patient*innen mit COPD“, erzählt Pflegestudentin Celine Schmitt. COPD steht für Chronic Obstructive Pulmonary Disease und umfasst chronische Lungenerkrankungen mit einer Verengung der Atemwege. „Anhand der Simulation konnten wir erlerntes Wissen über das notwendige Handeln als Pflegefachkraft in einer solchen Akutsituation praktisch anwenden. Für uns Studierende ist das eine sehr gute Vorbereitung.“ Dazu gehören zum Beispiel die Positionierung pflegebedürftiger Patient*innen in eine atemunterstützende Position, die Verabreichung der Bedarfsmedikation sowie die Beruhigung der Patient*innen in Form eines Gesprächs.

Ein Portraitbild von Studentin Celine Schmitt.
Foto: privat
Celine Schmitt studiert an der HS Gesundheit den Bachelorstudiengang Pflege.

Simulationsbasiertes Lernen ist ein Fokus in den praktischen Lerneinheiten des Studiengangs. „Das Studium an der HS Gesundheit ist sehr praxisorientiert. Es gibt keinen Spalt zwischen Theorie und Praxis, vielmehr ein Zusammendenken von beidem“, berichtet Celine Schmitt. „Das theoretisch erlangte, evidenzbasierte Wissen aus den Vorlesungen, festigen wir zum Beispiel auch anhand von Übungen in den Skills-Labs der Hochschule.“ Räume, eingerichtet wie eine Kinder- und Erwachsenenintensivstation oder ein häusliches Wohnzimmer, in denen die Studierenden pflegerische Fähigkeiten für die spätere Berufspraxis in der stationären oder ambulanten Akut- und Langzeitpflege erlernen. „Patient*innen waschen, Vitalparameter erfassen, Infusionen legen – anhand der Übungen werden wir bestens auf die Praxis in der Kinder-, Kranken- oder Altenpflege vorbereitet“, sagt Celine Schmitt. „Hinzu kommt, dass wir im Studium insgesamt 2.300 Stunden in Praxiseinsätzen bei Kooperationspartnern der Hochschule ablegen.“ Celine Schmitt hat einen Teil davon bereits auf der Onkologie, einer Station für krebskranke Patient*innen, und einer neurologischen Frührehabilitationsstation absolviert.

In sieben Semestern können die Pflege-Studierenden an der HS Gesundheit ihren Bachelorabschluss samt der Berufszulassung erwerben. Celine Schmitt ist derzeit im 4. Semester und hat ein festes Ziel vor Augen: Nach Abschluss ihres Studiums möchte die 21-Jährige als Pflegefachkraft auf der Onkologie oder im Hospiz arbeiten. „Die Pflege ist meine Passion. Kein anderer Beruf interessiert mich so sehr. Die Gesellschaft wird immer älter, die Krankheiten nehmen zu und dem Pflegeberuf kommt eine immer wichtigere Bedeutung zu. Ich möchte im Gesundheitssystem etwas mitbewirken, Menschen in akuten Situationen helfen, ihnen bei Schicksalsschlägen eine Stütze sein“, erzählt Celine Schmitt. „Wohl wissend, dass mir die Erlebnisse auch nah gehen werden. Als Pflegefachkraft ist man manchmal auch ein Stück weit ein Familienmitglied der pflegebedürftigen Person.“

Um sich ihren Lebensunterhalt neben dem Studium zu finanzieren, arbeitet Celine Schmitt parallel in einer Altenpflegeeinrichtung. „Anders als beispielsweise Auszubildende zur Pflegefachkraft, erhalten wir Pflegestudierenden keine Vergütung, obwohl wir ebenfalls viele Praxisstunden in unserem Studium leisten. Das ist ein Punkt, auf den jüngst zum Beispiel auch Pflegestudierende von Berliner Hochschulen in einem offenen Brief an die Politik aufmerksam machten und ich würde mir wünschen, an diesem Punkt würde sich etwas ändern“, erzählt Celine Schmitt. An der HS Gesundheit haben zukünftig immer mehr Studierende die Möglichkeit, Stipendien über Kooperationspartner*innen der Hochschule zu beziehen.

Ein Portraitbild von Studentin Santana van der Woude.
Foto: privat
Santana van der Woude studiert den berufsbegleitenden Studiengang Evidenzbasierung pflegerischen Handelns.

Dass es Flexibilität und Durchhaltevermögen verlangt Arbeit und Studium unter einen Hut zu bekommen, weiß auch Studentin Santana van der Woude. Seit ihrer Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin am Evangelischen Krankenhaus in Herne, arbeitet sie in wechselnden Kliniken im Bereich der Intensivmedizin für Erwachsene. Vor drei Jahren bekommt die 29-Jährige, die vor ihrem Einstieg in die Gesundheitsbranche eine kaufmännische Berufsausbildung absolviert hat, das Gefühl, das ihr etwas im beruflichen Werdegang fehlt. Dass an diesem Punkt noch nicht Endstation für sie ist. Santana van der Woude beginnt an der HS Gesundheit das berufsbegleitende Bachelorstudium Evidenzbasierung pflegerischen Handelns. Das Studium ist speziell für bereits ausgebildete Pflegefachkräfte, die dort Techniken des wissenschaftlichen Arbeitens erlernen.

„Zwischen Früh-, Spät- und Nachtdiensten auf der Intensivstation muss ich extrem gut strukturiert sein, um Studium und Job zu jonglieren.“ Santana van der Woude lacht. Dann ergänzt sie: „Ich gebe zu, hier feile ich noch an meinem Konzept. Man darf das Studium nicht unterschätzen, es verlangt Sorgfaltsvermögen, Ehrgeiz und Fleiß, aber es ist eine sehr schöne Art von zusätzlichem Engagement.“

Das Studium war für sie eine spontane Entscheidung aus dem Bauch heraus. „Und ich bin überzeugt, dass es die richtige war. Wir beschäftigen uns mit unterschiedlichen Forschungsmethoden, lesen Studien, diskutieren über wissenschaftliche Erkenntnisse und gesundheitspolitische Fragen. Das Studium regt dazu an – auch mich – das eigene Handeln im pflegerischen Berufsalltag zu hinterfragen und zu verbessern: Welche Handlungen führen wir durch und vor allem warum? Oder tun wir dies vielleicht auch, weil wir sie immer so gemacht haben? Welche Handlungen basieren noch auf der aktuellen Wissenschaft? – das sind spannende Fragen, mit denen wir uns auseinandersetzen.“

Santana van der Woude ist ebenfalls im vierten Semester. Für sie ist das Studium auch eine Chance, proaktiver in der Pflegewirtschaft mitzuwirken. „Wer aktiv in der Pflege etwas ändern möchte, der braucht fundiertes wissenschaftliches Wissen und das erlangt er an der Hochschule.“ Eine weitere Chance bietet für sie die Erschließung neuer Berufswege, zum Beispiel durch die Praxisanleitungsmodule im Studium. Denn ein Teil des Studiengangs ist auch der Bereich der pflegerischen Beratung und Anleitung. „Im Studium können wir einen Praxisanleiterschein erwerben. Für mich ist das eine hervorragende Möglichkeit, um mir auch pädagogisches Wissen anzueignen, denn ich könnte mir schon vorstellen, einmal in der pflegerischen Aus- und Fortbildung tätig zu werden. Im Studium habe ich die Chance, meine pflegerischen Fähigkeiten noch einmal auf ein aktuelles wissenschaftliches Fundament zu stellen und vielleicht eines Tages an künftige Pflegefachkräfte weiterzugeben.“ Für Santana van der Woude ein wichtiger Punkt. „Denn wir haben und werden in der Pflege künftig noch viel mehr das Problem sehen, dass es zu wenig Nachwuchskräfte gibt.“

Ein weiterer Pluspunkt ihres Studiengangs ist für die gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin die Kombination aus Präsenzveranstaltungen und E-Learning-Einheiten. „Wir haben Kommiliton*innen, die von weit herkommen und nicht die Möglichkeit haben, immer vor Ort zu sein. Für sie ist das hybride Format ein Vorteil.“ Pflege-Studentin Celine Schmitt schätzt an ihrem Studiengang vor allem die kleine Gruppengröße. „Ich habe das Gefühl, dass so auf jeden Studierenden eingegangen werden kann. Die Professor*innen kennen mein Gesicht, meinen Namen, meine Fähigkeiten. Das ist schön und irgendwie auch familiär.“

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