Die Meldungen zur Corona-Pandemie überschlagen sich täglich:
Neue Inzidenz-Höchstwerte, neue Hinweise zu Virus-Mutationen.
Wie können gerade Familien mit Kindern am besten mit den Entwicklungen umgehen?
– Teil 2 –

Tipps von Prof. Dr. Nina Gawehn, Professorin für Psychologie an der HS Gesundheit

Auch die Kleinsten unserer Gesellschaft bekommen mit, was in der Welt passiert. Prof. Dr. Nina Gawehn ermuntert, offen und ehrlich mit Kindern über aktuelle Entwicklungen im Zuge der Pandemie zu reden. „Das in Worte fassen, was gerade geschieht, das Sortieren und Erklären in kindgerechter Sprache, kann ein Weg sein, Kinder gut durch die Pandemie zu begleiten. Kinder dürfen mit Informationen natürlich nicht überfrachtet werden, so dass ich jetzt keinen täglichen familiären Corona-Stammtisch einrichten und die Pandemie ständig aktiv thematisieren würde“, erzählt Prof. Dr. Nina Gawehn. Aber die Wissenschaftlerin rät Eltern achtsam zu sein und anlassbezogen da Fragen aufzugreifen, wo Kinder Unsicherheiten aktiv äußern oder Eltern erspüren, dass ihre Kinder etwas bewegt. „Dabei ist es besonders wichtig emotional passend zu antworten und dafür können Eltern erstmal herausfinden, was ein Kind mit einer Frage überhaupt bezweckt: Möchte es wirklich noch mehr Informationen oder Erklärungen zu zufällig aufgeschnappten Nachrichten? Möchte es Nähe oder beruhigt werden oder möchte es sich vielleicht über eine Situation gemeinsam ärgern und überlegen, wie es mit seinem Ärger oder anderen Gefühlen umgehen kann?“ Kein guter Rat sei es, alles von Kindern fernzuhalten, sie schonen zu wollen. „Die Kinder kennen das Thema ja und werden damit zum Beispiel in der Schule täglich konfrontiert. Und selbst die ganz Kleinen können ja schon deutlich erspüren, wenn ihre Eltern beunruhigt sind“, erklärt Nina Gawehn und stützt sich auf die Bindungsforschung. „Aus Konzeptionen zur Bindungsentwicklung wissen wir, dass es Kindern hilft mit ihren Eltern Gedanken zu sortieren, Gefühle zu regulieren, wenn sie ihre Eltern dabei als größer, stärker, weiser und freundlich in der Interaktion erleben.“ Ein ganz bedeutsamer Faktor für gesunde psychische Entwicklung sei das Erleben von Selbstwirksamkeit. „Indem man Kindern erklärt, dass sie beispielsweise mit dem Tragen einer Maske, Hände waschen und Abstand halten selbst zu einem gewissen Grad in der Lage sind, für sich und andere etwas zu ändern und dem Virus eben nicht hilflos ausgeliefert sind, kann man ihnen die Wirksamkeit in dieser Situation zumindest ein Stück weit zurückgeben.“ Auch zu betonen, dass viele Wissenschaftler*innen und Mediziner*innen kontinuierlich dabei sind, das Virus weiter zu erforschen und an Medikamentenentwicklungen arbeiten, könne eine beruhigende Wirkung haben. „Am wichtigsten scheint mir, dass Eltern ihre Kinder mit ihren Fragen und Bedürfnisse dort abholen, wo sie stehen, sich in gemütlicher, entspannter Atmosphäre – wirklich zugewandt – und nicht mal eben nebenher zwischen drei anderen Dingen – Zeit für ihre Sorgen nehmen,
um ihnen in einer unsicheren Zeit doch Sicherheit zu vermitteln.“

Text: Daniela Schaefer
Foto: Shutterstock/Alliance Images