An Weihnachten liegt so manches Buch unterm Tannenbaum. Gleichzeitig gibt es viele Kinder, die Entwicklungsstörungen in den Bereichen Lesen, Schreiben oder Verstehen von Texten aufweisen. Wie können Eltern erkennen, ob ihr Kind Schwierigkeiten hat
und mit dem Kind an diesen arbeiten
?
– Teil 1 –

Tipps von Dr. Nicole Ramacher-Faasen, Vertretungsprofessorin
im Studiengang Logopädie an der HS Gesundheit

Welches Kind schreibt ihn nicht gern – einen Wunschzettel für den Weihnachtsmann. Für Dr. Nicole Ramacher-Faasen ist das eine gute Übung, um das Kind spielerisch ans Schreiben heranzuführen und gleichzeitig zu erkennen, auf welcher Entwicklungsstufe des Schriftspracherwerbs es steht. „Bei der Übung geht es unter anderem darum, festzustellen, ob das Kind sich traut etwas frei zu schreiben oder ob es das verweigert. Es geht erst einmal nicht darum, ob das Kind fehlerfrei schreiben kann.“ Bei Rechtschreibfehlern würde die Wissenschaftlerin und Lerntherapeutin daher auf keinen Fall den Rotstift am Wunschzettel ansetzen. „Wenn es darum geht zu erkennen, wie gut das Kind die Rechtschreibung beherrscht, würde ich das Kind bitten, in jedes Wort, das es schreibt, einen Fehler einzubauen. Schreibt das Kind ein Wort an Stellen falsch, die eher fehleruntypisch sind, zeigt es, dass das Kind bewusst etwas falsch geschrieben hat. Daraus lässt sich schließen, dass es weiß, wie das Wort richtig geschrieben wird.“ Auch wenn ein Kind von Anfang an deutlich langsamer schreibe als andere Kinder, könne das auf eine Problematik im Bereich der Rechtschreibkompetenzen hindeuten. „Es könnte andeuten, dass das Kind bei jedem Wort überlegen muss, wie es geschrieben wird, was wir, als gute Rechtschreiber*innen, im Vergleich nur müssen, wenn es sich um ein Fremdwort handelt“, erklärt Nicole Ramacher-Faasen. „Nur ein guter Rechtschreiber denkt nicht über die Rechtschreibung nach.“ Und wie könnten Eltern eine Leseschwäche bei ihrem Kind erkennen? „Vor allem in der höheren Schulklasse sind unflüssiges Lesen und ein sehr langsames Lesetempo mögliche Anzeichen. Wichtig ist es auch zu erkennen: Kann das Kind einen Text wirklich lesen oder hat es ihn bereits so häufig gehört, dass es ihn auswendig kann?“ Nicole Ramacher-Faasen rät Eltern vielfach auch, Kinder zu bitten aus einem Buch – in diesen Zeiten zum Beispiel aus einem Weihnachtsbuch – vorzulesen. Im Anschluss könne man sich über das Gelesene unterhalten oder auch Fragen stellen, das lasse Rückschlüsse zu, ob das Kind den Inhalt mit eigenen Worten wiedergeben kann. „Das zeigt das Lese-Sinn-Verständnis. Häufig merkt man schon beim Lesen, ob ein Kind versteht, was es liest“, weiß Nicole Ramacher-Faasen. „Ein Kind, das einen Text versteht, betont ihn ganz anders.“

Lesen Sie morgen Teil 2 ihrer Tipps!

Text: Daniela Schaefer
Foto: Shuttertsock/ Irina Wilhauk