Die psychischen Folgen im Zusammenhang mit der Pandemie sind vielfach noch unerforscht. Doch immer wieder ist vom Cave-Syndrom zu lesen. Was kann helfen, aus dem sogenannten „Höhlensyndrom“ herauszukommen?

Tipps von Prof. Dr. Anna Mikhof, Professorin für Gesundheitspsychologie
über die Lebensspanne an der HS Gesundheit

Jeder Mensch geht anders mit den Einschränkungen der Pandemie um. „Manchen Menschen gelingt es besser die Belastungen im Zusammenhang mit den Restriktionen und sozialen Einschnitten zu meistern. Sie schaffen es beispielsweise müheloser sich auf eine gewisse Normalität im sozialen Miteinander nach Kontaktbeschränkungen einzulassen oder zwischen sozialem Rückzug und sozialen Kontakten schneller umzuschalten“, berichtet Prof. Dr. Anna Mikhof. Bei anderen dauert das etwas länger. Wieder andere fühlen sich mit der langanhaltenden Pandemie in Gesellschaft mit Anderen unwohl und beobachten bei sich, dass sie sich – auch bei Lockerungen der Restriktionen – zu Hause zurückziehen. „In diesem Zusammenhang entstand – angelehnt an die Ergebnisse einer Studie der American Psychological Association – die Bezeichnung ‚Cave-Syndrom‘. Rund die Hälfte der Befragten berichteten, sich nicht wohl bei dem Gedanken zu fühlen, sich auf die üblichen sozialen Kontakte einzulassen – wie beispielsweise zu den bevorstehenden Festtagen. Die fast zwei Jahre andauernden sozialen Einschränkungen haben bei nicht wenigen Menschen erhebliche Spuren hinterlassen. Die pandemiebedingten Veränderungen haben viel Angst ausgelöst und in bestimmten Zusammenhängen Angst antrainiert.“ Die Vorstellung wieder ein soziales Leben wie vor der Pandemie zu führen, könne Überforderung, Unbehagen, Sorgen, Beklemmung oder sogar Ängstlichkeit auslösen. Anstatt sich nach Beschränkungen wieder frei zu fühlen, empfänden Menschen es als unangenehm, sich wieder in Gesellschaft zu begeben. „Auch, wenn der Begriff ‚Syndrom‘ eine Krankheit suggeriert, ist es ein Gewöhnungseffekt, der einer Anpassungsreaktion bedarf – soweit man dies zu diesem Zeitpunkt sagen kann. Dieses Phänomen sollte von extremen sozialen Rückzugstendenzen und Angststörungen ganz klar unterschieden werden.“ Anna Mikhof rät sich bei der Rückkehr ins soziale Zusammensein, Zeit zu nehmen und den Alltag so zu gestalten, dass man sich mit den sozialen Situationen wohl fühlt. „Das Hineinbegeben in soziale Situationen führt dazu, dass sich Menschen wieder an das soziale Miteinander gewöhnen.“ Zudem rät die Professorin eigene Unsicherheiten mit Familie, Freunden und engen Bezugspersonen anzusprechen, sich auszutauschen und damit Unterstützung und Verständnis einzuholen. „Einige Studien zeigen, dass die Mehrheit derjenigen, die seit Beginn der Pandemie soziale Interaktionen – telefonisch oder digital – aufrechterhalten haben, eine deutlich bessere Lebensqualität und weniger Stress erlebten als diejenigen, die sich stärker zurückzogen. Auch diese Form der sozialen Interaktion kann förderlich sein.“ Eine andere Möglichkeit mit Unbehagen umzugehen, seien Achtsamkeitsübungen. „Achtsamkeitsbasierte Übungen lassen sich recht einfach in den Alltag integrieren, zum Beispiel, wenn wir uns achtsam unterhalten. Achtsam heißt, dass man den Moment bewusst und akzeptierend wahrnimmt, ohne etwas verändern zu wollen. Damit können Verzerrungen in unserer Wahrnehmung reduziert werden. Das erhöht die psychologische Flexibilität, mindert gleichzeitig Stress, ängstliche Tendenzen und Grübeln.“ Weshalb nicht vielleicht an Weihnachten damit beginnen?

Text: Daniela Schaefer
Foto: Pixabay