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Treffen der AG ‚Quantitative Methoden‘

Gemeinsam und interdisziplinär forschen

20. März 2017

Die regelmäßigen Treffen der AG ‚Quantitative Methoden‘ an der Hochschule für Gesundheit in Bochum zeigen, dass das Konzept der Interdisziplinarität auch bei Fragen der Forschungsmethodik unabdingbar ist. Wir sprachen mit vier Teilnehmer*innen.

Sie kommen aus unterschiedlichen Bereichen der Forschung: Dr. Shoma Berkemeyer (Gesundheitswissenschaften), Dr. Tanja Segmüller (Pflegewissenschaft), Daniel Simon (Stadtplanung) und Dr. Anna Mikhof (Gesundheitspsychologie). Gemeinsam mit anderen Wissenschaftler*innen bilden sie an der Hochschule für Gesundheit die AG ‚Quantitative Methoden‘.

Um was geht es dabei genau?

Dr. Anna Mikhof: Wir alle sind Wissenschaftler*innen aus unterschiedlichen Disziplinen, die sich regelmäßig in einer Arbeitsgruppe zum Thema Quantitative Forschung treffen und offene Fragen erörtern. Wir schaffen einen Mehrwert, indem wir dieses Thema aus ganz unterschiedlichen Perspektiven betrachten.

Zum Beispiel?

Dr. Tanja Segmüller: Wenn man in einem gesundheitswissenschaftlichen Forschungsvorhaben Personen aus der Bevölkerung befragt, handelt es sich häufig um vulnerable, also verletzliche Gruppen. Stellen wir ihnen Fragen, müssen wir immer damit rechnen, dass diese sie emotional aufwühlen oder sie mit schmerzhaften Erinnerungen konfrontiert werden. Deshalb ist es immer wichtig, dass wir uns klar werden, ob die Befragung Sinn macht und angemessen ist. Zum Beispiel bei chronischen Erkrankungen: Wir haben zu diesem Thema schon viele Studien – da wäre es gegebenenfalls unethisch dennoch Menschen zu befragen, obwohl wir in der Literatur schon viel dazu wissen. Uns ist es wichtig, den ethischen Aspekt der Forschung zu stärken und auch Kollegen, die aus anderen Disziplinen kommen, deutlich zu machen, dass wir immer sehr sensibel unterwegs sein müssen. Da jeder von uns aus einer anderen Disziplin kommt, ist es nicht immer Standard, dass zum Beispiel ein Ethikantrag gestellt werden muss. Für andere Disziplinen ist das eher unüblich.

Dr. Shoma Berkemeyer (links) und Dr. Anna Mikhof sind Mitglieder der AG "Quantitative Methoden". Fotos: hsg/Volker Wiciok (li.); HS Gesundheit (re.)

Daniel Simon: Zum Beispiel für uns Raumplaner …

Segmüller: … genau. Da arbeitet man direkt mit Bürger*innen. Und es ist gar nicht üblich, dass man einen Ethikantrag stellt. Bei den Gesundheits- und Pflegewissenschaften ist es hingegen Standard. Uns allen ist eine starke Forschung wichtig, daher macht die Arbeitsgruppe sich zu diesem Thema grundlegende Gedanken.

Simon: Wir beschäftigen uns mit niederschwelligen, digitalen Partizipationsmethoden und entwickeln Anwendungsszenarien für ein mobiles Erhebungstool. Gleichzeitig stellen wir hier die Infrastruktur für die Durchführung mobiler Erhebungen zur Verfügung.

Wie funktioniert das?

Simon: Kurz gesagt handelt es sich dabei um eine App für das Betriebssystem Android. Da wir in unserer Arbeit einen Schwerpunkt auf papierlose Methoden gelegt haben, werden wir unsere Daten zukünftig mit Tablets und Smartphones erfassen. Das hat den Vorteil, dass die im Feld erhobenen Daten nicht mehr von Hand digitalisiert werden müssen, was je nach Umfang sehr zeitaufwändig ist. Da die App Open Data Kit (ODK) grundsätzlich frei zugänglich und nutzbar ist, können theoretisch auch dialogbasierte Anwendungen oder zielgenaue Follow-Ups umgesetzt werden.

„Uns ist es wichtig, den ethischen Aspekt der Forschung zu stärken.“
Dr. Tanja Segmüller

Eine Methode also, die sich auch andere Professionen zu Nutze machen können, vorausgesetzt sie wissen überhaupt davon.

Segmüller: Genau. Die große Chance ist jetzt, dass wir uns Methoden oder Software, die man nutzen kann, vorstellen und wir dann gemeinsam überlegen, ob die Tools nicht auch für andere Fragestellungen interessant sind. Und so bringen wir die verschiedenen Methoden zusammen.

Daniel Simon bringt die Sichtweise der Raumplaner mit in die Diskussion
Daniel Simon bringt die Sichtweise der Raumplaner mit in die Diskussion ein. Foto: hsg/Volker Wiciok

Ein weiteres Thema ist ein Konzept zum Datenschutz.

Mikhof: Ja. Das wurde ebenfalls innerhalb der AG vorangebracht. In dem Zusammenhang haben wir auch geprüft, welche Software sich für Online-Befragungen oder Online-Experimente unter Berücksichtigung der  Datenschutzmaßnahmen, des Funktionsumfangs und der Wissenschaftlichkeit eignet. Am Ende haben wir eine Software ausgewählt, die diese Kriterien erfüllt und eine hohe Datenqualität gewährleistet.  Mit ihrer Hilfe kann man interaktive Online-Befragungen und Online-Experimente individuell und flexibel gestalten. Es gibt eine bequeme und dynamische Dateneingabe, intelligente Weiterleitungen, eine effektive und automatisierte Durchführung sowie viele weitere technische, ökonomische und wissenschaftliche Vorteile.

Segmüller: Durch die Nutzung von Befragungs-Software haben wir einen schnellen und breiten Zugang. Wenn ich mir vorstelle, ich gehe ins Feld und verteile Fragebögen an zehn Personen, die ich drei Tage später – ausgefüllt – wieder abhole, ist der Online-Zugang weitaus effektiver, denn mit ihm erreiche ich zum Beispiel auch Menschen, die ihre Wohnung aufgrund von Pflegebedürftigkeit oder Angehörigenpflege nicht verlassen können oder eine rasche Übersetzung in eine Sprache benötigen.

Mikhof: Wir können damit Erhebungen unabhängig von Zeit und Raum durchführen. Es lassen sich mehrsprachige Projekte mit vergleichsweise wenig Aufwand, in kurzer Zeit und großer Vergleichbarkeit umsetzen. Menschen in anderen Kulturen und Ländern können auf diese Weise schnell erreicht werden. Das alleine ist ein großer Gewinn.

Andrea Trümner im Gespräch
Andrea Trümner ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Versorgungsforschung und seit Mai 2016 Mitglied in der Arbeitsgruppe. Foto: hsg/Volker Wiciok

Die Digitalisierung ist also eine große Chance, aber auch eine Herausforderung?

Dr. Shoma Berkemeyer: Das stimmt. Wir haben im Rahmen der AG unter anderem das Thema Datenschutz in der Hochschule vorangetrieben. Hätte jeder von uns in seinem eigenen Kämmerlein weitergearbeitet, hätte er genau das, was er immer genutzt hat, weiter genutzt. Durch diesen Mehrwert wollen wir eine gute gemeinsame Basis schaffen. Diese Arbeit ist sowohl im Department als auch in der Hochschule grundlegend.


 

Weitere Mitglieder der AG ‚Quantitative Methoden‘ an der hsg

Prof. Dr. Heike Köckler (Professorin für Sozialraum und Gesundheit), Prof. Dr. Katrin Janhsen (Professorin für Public Health mit dem Schwerpunkt Versorgungsforschung/Versorgungsgestaltung), Prof. Dr. Michael Wessels (Professor für Gesundheitsökonomie und -politik) und Andrea Trümner (wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Versorgungsforschung).

Das Interview führte Tanja Breukelchen, freie Journalistin.
Aufmacher: hsg/Volker Wiciok

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