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hsg-Absolventin Julia Strang beschäftigte sich in ihrer Masterarbeit mit gelingender Inklusion. Foto: hsg Bochum/ck
Foto: hsg Bochum/ck

Offenheit führt zur gelingenden Inklusion

4. Januar 2021

Wie kann das Gelingen von Inklusion auf dem Arbeitsmarkt eigentlich verbessert werden? Mit diesem Thema hat sich Julia Strang beschäftigt, die an der Hochschule für Gesundheit (hsg Bochum) berufsbegleitend den Masterstudiengang ‚Gesundheit und Diversity in der Arbeit‘ absolviert hat. In ihrer Masterarbeit hat die 28-Jährige Faktoren ermittelt, die das Gelingen von Inklusion auf dem Arbeitsmarkt aufzeigen.


Bewerbungen für den Studiengang ‚Gesundheit und Diversity in der Arbeit‚ sind noch bis zum 31. Juli 2021 möglich.

Alle Informationen zu einer Bewerbung an der Hochschule für Gesundheit in Bochum gibt es hier.


Julia Strang hat im August 2020 ihr Masterstudium im Department of Community Health der hsg Bochum abgeschlossen. Sie ist in Bad Neuenahr-Ahrweiler in Rheinland-Pfalz geboren und hat an der Universität Koblenz im Sommer 2017 ihren Bachelor-Abschluss in den beiden Fächern Soziologie und Management & Ökonomie gemacht. Zusätzlich hat sie das Fach ‚Diversity Management‘ belegt. Beruflich ist sie aktuell im Bereich ‚Familie & Gesundheit‘ tätig und wird sich künftig mehr mit den Themen Inklusion und Gesundheitsmanagement beschäftigen.

Wie sind Sie darauf gekommen, das Thema ‚Gelingende Inklusion aus Sicht des Integrationsfachdienstes‘ in einer Masterarbeit zu bearbeiten?

Julia Strang: Im Studium haben wir die Arbeit des Integrationsfachdienstes kennengelernt. Bei Recherchen zu möglichen Themen für meine Masterarbeit habe ich festgestellt, dass die Arbeit von Integrationsfachdiensten in Bezug auf Inklusion recht wenig Aufmerksamkeit bekommt. Dabei sind diese eine Schnittstelle zwischen Unternehmen, Arbeitnehmer*innen und anderen Beteiligten und können mit ihren Erfahrungen und Wissen einen guten Einblick in das Thema geben.

Das ‚Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen‘ (UN-Behindertenrechtskonvention – kurz UN-BRK) ist im Jahr 2009 in Deutschland in Kraft getreten und stellt klar, dass Menschen mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankung ein uneingeschränktes und selbstverständliches Recht auf Teilhabe haben. Ziel ist, dass sich die Gesellschaft für die Vielfalt öffnet und Menschen mit Behinderungen in die Umsetzung der Konvention einbezogen werden.

Julia Strang: "Ziel ist, dass sich die Gesellschaft für die Vielfalt öffnet."

Im Artikel 27 der UN-BRK wird insbesondere auf das Recht auf Arbeit und Beschäftigung von Menschen mit Behinderung eingegangen. Es beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zuverdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt oder angenommen wird. Menschen mit Behinderungen haben laut UN-BRK das gleiche Recht auf gerechte und günstige Arbeitsbedingungen, einschließlich Chancengleichheit und gleichen Entgelts für gleichwertige Arbeit. Doch auch mehr als zehn Jahre nach In-Kraft-Treten der UN-BRK ist nach Aussage der Aktion Mensch der Zugang zum Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen mit Hemmnissen verbunden.

Integrationsfachdienste (IFD) haben die Aufgabe, Menschen mit Behinderungen bei der Teilhabe im Arbeitsleben zu beraten und zu unterstützen. Arbeitgebern geben sie Informationen und Hilfestellung bei den unterschiedlichsten Problemsituationen im Arbeitsleben.

In meiner Masterarbeit wollte ich herausbekommen, welche Faktoren das Gelingen von Inklusion auf den allgemeinen Arbeitsmarkt aufzeigen. Dafür habe ich mit einem qualitativen Forschungsansatz zehn Interviews mit den Expert*innen von fünf IFD geführt.

Was ergaben diese Gespräche?

Strang: Die Ergebnisse meiner Datenerhebung zeigen, dass Inklusion auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus Sicht des IFD nur dann gelingen kann, wenn sowohl von Seiten der Arbeitnehmer*innen, der Unternehmen, der Kosten- und Rehabilitationsträger, aber auch der Gesellschaft einige Faktoren zusammenspielen. Arbeitnehmer*innen sollten neben der Motivation, Zuverlässigkeit und Engagement mitbringen. Außerdem sollten sie in der Lage sein, eigene Fähigkeiten einzuschätzen, aber auch das Wissen um eigene Einschränkungen haben, um passende Arbeitsfelder finden zu können. Darüber hinaus sollten notwendige Unterstützungsleistungen und ein stabiles, soziales Umfeld vorhanden sein, um bei Problemen oder Konflikten Halt geben zu können.

Unternehmen sollten einerseits sensibilisiert sein auf Behinderungen im Arbeitskontext und den Umgang damit, außerdem offen und vorurteilsfrei Bewerber*innen mit Behinderungen begegnen, um Chancen zu ermöglichen. Andererseits sollten grundsätzlich die betrieblichen Prozesse und Strukturen klar definiert sein und auch dort mit Offenheit eine inklusive Unternehmenskultur schaffen. Hinzu kommt eine barrierefreie und bedarfsgerechte Gestaltung der Arbeitsumgebung und der auszuführenden Tätigkeiten. Bei den Kosten- und Rehabilitationsträgern ist einerseits die klare Strukturierung von Zuständigkeiten wichtig und andererseits die zügige und übersichtliche Bearbeitung von notwendigen Anträgen. Ein letzter Punkt ist die Kommunikation und Kooperation zwischen allen Akteuren, da so über Möglichkeiten, Einschränkungen, Probleme aber auch Potentiale gesprochen werden kann. Dies trägt dazu bei, Zugänge zu schaffen und eine Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen.

Die Ergebnisse zeigen auch auf, dass unterschiedliche Einstellungen, miteinander in Wechselwirkung stehen und sich in gewisser Weise gegenseitig beeinflussen. Gemeint damit sind die Einstellungen der Arbeitnehmer*innen selbst zur gelingenden Inklusion sowie die Perspektive der Unternehmen und die Einflüsse über das soziale Umfeld und die Gesellschaft an sich. Diese verschiedenen Wertvorstellungen und Meinungen – ob positiv oder negativ – beeinflussen sich gegenseitig und können fördernd oder hemmend auf gelingende Inklusion wirken. Insofern hängt gelingende Inklusion von individuellen Faktoren ab, von einzelnen Meinungen und Einstellungen.

Gibt es denn auch Faktoren, die unabhängig von der individuellen Komponente, allgemein zur Inklusion beitragen?

Strang: Ja, ein Beispiel hierfür wäre Offenheit, die grundsätzlich fördernd wirkt. Beispielsweise kann die Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit, die zum Ziel hat, die Gesellschaft für Menschen mit Behinderungen zu sensibilisieren, zu informieren und somit Vorurteile abzubauen, auch zur vollwertigen Teilhabe im Arbeitsleben beitragen und sich darüber hinaus positiv auf alle weiteren Lebensbereiche auswirken. Arbeitgeber*innen, aber auch Kolleg*innen, die in ihrem Alltag mehr Informationen und mehr Berührungspunkte zu Behinderung erhalten, sind offener, sodass weniger Barrieren – in Form von Vorureilen beispielsweise – vorliegen.


Inklusionsbarometer Arbeit 2020

Das aktuelle Inklusionsbarometer Arbeit, das das Handelsblatt Research Institute im Auftrag der Aktion Mensch erstellt hat, kommt aktuell zu dem Ergebnis, dass die Corona-Krise zu einem deutlichen Rückschlag von Inklusion auf dem Arbeitsmarkt führt. 13 Prozent mehr Menschen mit Schwerbehinderung waren demnach im Oktober 2020 arbeitslos als zur selben Zeit im Vorjahr. Die Ergebnisse der Inklusionsbarometers 2020 sind hier abrufbar: https://www.aktion-mensch.de/inklusion/arbeit/zahlen-daten-fakten.html

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