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Symbolbild für Gartenarbeit
Foto: pixabay

Gemeinsam wachsen

9. Juli 2020

Tief einatmen und den Duft von frischer Minze riechen, mit den Händen in dunkler, feuchter Erde wühlen und zusehen wie aus den eigenen Bemühungen erste Erfolge keimen. Gerade in einer angespannten Situation wie sie durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurde, ziehen viele Menschen neue Kraft aus der Beschäftigung mit der Natur. Drei Studentinnen der Hochschule für Gesundheit (hsg Bochum) haben deshalb im Rahmen einer Lehrveranstaltung ein Konzept entwickelt, wie man mit Hilfe von Gartenarbeit auch Menschen mit Behinderung in der aktuellen Situation unterstützen könnte.

„Wir haben in der Corona-Zeit selber ein Hochbeet angelegt und jetzt sprießen darin die ersten Sachen. Es ist ein tolles Gefühl das zu sehen“, erzählt Carolin van Elten. Zusammen mit ihren Kommilitoninnen Louisa Rohe und Michelle Baus hat sie sich das Konzept ‚Gemeinsam wachsen‘ überlegt. Die Studentinnen schlagen vor, dass Menschen mit Behinderungen mit ihrer Familie oder der Pflegeinrichtung, in der sie wohnen, ein eigenes Beet anlegen und es pflegen. So soll mehr Struktur in den Tag gebracht werden und kleine Erfolgserlebnisse versüßen den Alltag.

Zu sehen sind Michelle Baus, Carolin van Elten und Louisa Rohe.
Foto1: privat, Foto2: privat, Foto3: Steffen Krawczyk
Michelle Baus, Carolin van Elten und Louisa Rohe studieren gemeinsam an der hsg Bochum.

Die drei Studentinnen sind im zweiten Semester des Bachelor-Studiengangs ‚Gesundheit und Diversity‘. Der Studiengang vermittelt die Kompetenz, Gesundheitsversorgung zielgruppenspezifisch mitzugestalten. Im Fokus stehen dabei Bevölkerungsgruppen, die durch Diversitätsmerkmale wie Alter, Herkunft oder eine Behinderung gekennzeichnet sind. Dem hsg-Professor Dr. Christian Walter-Klose, ist es wichtig, in diesem Studiengang auch aktuelle Ereignisse wie die Corona-Krise, in den Lehrplan zu integrieren. „Meine Kolleg*innen Frau Prof. Falge, Frau Burtniak und ich haben gemeinsam beschlossen, die Corona-Situation in die Lehre einzubeziehen. Neben inhaltlichen und didaktischen Überlegungen, war es uns dabei wichtig mit dem Corona-Schwerpunkt das Engagement der Studierenden zu unterstützen und auch auf der persönlichen Ebene Raum für Gedanken und Sorgen zu geben“, so der Professor für ‚Behinderung und Inklusion‘ im Department of Community Health an der hsg Bochum.

Problem: Einsamkeit und eine fehlenden Tagestruktur

In der Lehrveranstaltung ‚Corona und Behinderung‘ hat Walter-Klose deshalb zunächst eine Medienanalyse mit den Studierenden gemacht, um ein Bild davon zu erhalten, wie sich die aktuelle Situation auf Menschen mit Behinderung auswirkt. „Wir haben festgestellt, dass viele Menschen mit Einsamkeit und einer fehlenden Tagestruktur zu kämpfen haben“, fasst die Studentin Michelle Baus die Ergebnisse zusammen.

Anschließend sollten die Studierenden in kleinen Gruppen überlegen, wie man Menschen in dieser Situation unterstützen könnte. Eine Idee – das Konzept ‚Gemeinsam wachsen‘ – hat es Walter-Klose dabei besonders angetan. „Das Hochbeet-Konzept ist einfach – dabei aber genial. Aktuell kann die Perspektivlosigkeit und mangelnde Kontrolle viele negative Gefühle wie Ängste und Wut und Traurigkeit zur Folge haben. Das Hochbeet-Konzept steht dem mit einfachen Methoden entgegen: Eine gemeinsame tägliche Pflege der Pflanzen ermöglicht Begegnungen, trägt zur Tagesstruktur bei und schafft vor allem eine positive Perspektive“, so Walter-Klose.

„Das Hochbeet-Konzept ist einfach – dabei aber genial."

Die Studentinnen wurden durch ihre eigenen Erfahrungen zu dem Projekt inspiriert: „In dem Pflegeheim meiner Uroma gab es auch ein Beet, das die Bewohner*innen pflegen konnten. Das hat ihr sehr geholfen sich dort einzuleben“, erzählt Louisa Rohe.

Gemeinsames Gärtnern sei auch deshalb so gut geeignet, weil es sich in verschiedenen Schwierigkeitsstufen umsetzen lässt – vom Balkonkasten zum ganzen Beet, erklären die Studentinnen. Auch bei der Pflanzenauswahl ließe sich gut variieren. „Wir empfehlen für totale Neulinge erst einmal ein bisschen Kresse – die wächst immer“, verrät Michelle Baus.

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Am liebsten würden die Drei sofort loslegen und ihr Konzept Wirklichkeit werden lassen. Aktuell lassen die Besucherrichtlinien der Pflegeinrichtungen es jedoch nicht zu, dass die Studentinnen selbst beim Gärtnern helfen. „Wir würden uns aber sehr freuen, wenn jemand die Idee aufgreift und es selbständig ausführt“, so Carolin van Elten.

Für die Studentinnen ist das Projekt auch ein schönes Beispiel, worum es in ihrem Studiengang geht. „Ich habe mir ‚Gesundheit und Diversity‘ ausgesucht, weil ich es wichtig finde, Lösungswege zu finden, damit Menschen nicht aufgrund von Diversität benachteiligt werden. Außerdem hat mir sofort der praktische Anteil an dem Studiengang gefallen. Beides findet sich in ‚Gemeinsam wachsen‘ wieder “, erklärt Michelle Baus.