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In-Ohr-Sensor als Hilfsmittel bei Epilepsie

10. November 2017

Auf der Messe MEDICA in Düsseldorf präsentieren vom 13. bis zum 16. November 2017 ungefähr 5.000 Aussteller ihre Errungenschaften für die ambulante und stationäre Versorgung. Auch die Hochschule für Gesundheit (hsg) stellt hier spannende Projekte aus dem Bereich Forschung und Entwicklung vor. Am ersten Messetag dreht sich am hsg-Stand zum Beispiel alles um EPItect, ein Projekt zur pflegerischen Unterstützung epilepsiekranker Menschen durch sensorische Anfallsdetektion.

Epilepsie zählt weltweit zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Durch den Einsatz eines In-Ohr-Sensors soll nun die Behandlungs- und Lebensqualität von Menschen mit dieser Erkrankung verbessert werden. Gleichzeitig soll die Betreuung von Personen mit Epilepsie vereinfacht werden. Ob diese Ziele erreicht werden können, wird zurzeit in dem Projekt EPItect erforscht. Auch an der hsg findet ein Teil der Forschungsarbeiten statt. Hier untersuchen Prof. Dr. Sandra Bachmann, Professorin im Department für Pflegewissenschaft, und der Wissenschaftliche Mitarbeiter Jens Riede den Einsatz des In-Ohr-Sensors bei Kindern und Jugendlichen. Dabei betont Bachmann: „Es geht in unserem Teil des Projekts nicht darum, wie gut das Gerät funktioniert. Das untersuchen andere Personen des Projekts. Sondern wir schauen uns ganz explizit an, wie praktikabel der Sensor für Kinder und Jugendliche sowie Professionell Pflegende ist.“

Mixed-Method-Ansatz

Um dies feststellen zu können, wurde ein Mixed-Methods-Ansatz gewählt: Mit einem Fragebogen, der sowohl von den Kindern und Jugendlichen als auch von ihren Eltern ausgefüllt wird, sollen deren Erwartungen und Erfahrungen herausgefunden werden. Parallel hierzu finden Fokusgruppendiskussionen mit Professionell Pflegenden statt, in denen es um die Auswirkungen des eingesetzten Geräts auf den stationären Alltag und das Kommunikationsverhalten geht.

So sieht ein In-Ohr-Sensor aus, der bei dem Projekt EPItect zum Einsatz kommt. Er kann gleich fünf verschiedene Parameter auf einmal messen. Foto: cosinuss°

Fünf Parameter

Der In-Ohr-Sensor, der bei dem Projekt zum Einsatz kommt, wurde vom Technologie-Unternehmen cosinuss° aus München entwickelt. Mit seiner Hilfe sollen Anfälle gemessen werden. Denn der Sensor zeichnet gleich fünf verschiedene Parameter auf: Die Pulsfrequenz, die Herzratenvariabilität, die Körpertemperatur, die Sauerstoffsättigung und die Bewegung im Raum. „Es gibt momentan nichts vergleichbares, denn andere Geräte zeichnen meistens nur einen der Parameter auf“, weiß Jens Riede. Durch die Messung der aufgezählten Parameter sollen epileptische Anfälle besser als bisher üblich erfasst und von anderen Lebenssituationen unterschieden werden. Denn während zum Beispiel bei einem epileptischen Anfall die Pulsfrequenz sofort deutlich ansteigt, geschieht dies bei einer sportlichen Betätigung nur langsam.

Der In-Ohr-Sensor erfasst die Daten automatisch und sendet sie ans Smartphone. Auch ein Alarmsystem, das bei einem besonders schwerwiegenden Anfall zum Einsatz kommt, wurde in die Technologie integriert. Foto: cosinuss°

Automatische Erfassung von Daten

Damit Patient*innen mit Epilepsie eine möglichst ideale Therapie und die richtige Dosis an Medikamenten bekommen können, wird Betroffenen oft geraten, eine Art Tagebuch über ihre Anfälle zu schreiben. Hier soll festgehalten werden, wann und wie gravierend ein Anfall war. Allerdings haben Studien ergeben, dass ungefähr die Hälfte der Anfälle von Betroffenen gar nicht als solche wahrgenommen werden. Außerdem kommt hinzu, dass viele Anfälle situationsbedingt nicht notiert werden. Wenn zum Beispiel ein Kind einen Anfall bekommt, während es in der Schule ist, nimmt es sich vielleicht vor, später eine Notiz zu machen – der Gedanke gerät beim ganzen Schultrubel dann aber doch in Vergessenheit.

Durch den Sensor im Ohr werden die Daten nun automatisch erfasst. Sie werden direkt an eine App geschickt und können dort ausgelesen werden. „Wir leben in einer Zeit, in der wir Technologien dafür verwenden können, um Gesundheit und Gesundheitsdienstleistungen zu unterstützen. Diese Chance sollten wir nutzen“, meint Jens Riede zu der technischen Entwicklung.

Und der Nutzen ist in diesem Fall gleich ein Mehrfacher: Durch den Sensor wird nicht nur die Dokumentation von Anfällen und damit auch die Therapie optimiert. Gleichzeitig soll ein Alarmsystem zur Verfügung stehen, das bei schweren Anfällen zum Beispiel einen Alarm an das Smartphone von Angehörigen absetzt. So werden sie über schwere Anfälle informiert und können nachforschen, ob es dem Betroffenen nach dem Anfall wieder gut geht oder eine Hilfestellung benötigt wird. „Wenn der In-Ohr-Sensor so wie gedacht funktioniert und epileptische Anfälle gut detektiert, dann ist ein Gerät entwickelt worden, das sowohl den Betroffenen als auch den Angehörigen einen ganz großen Teil an Freiheit und Autonomie ermöglicht,“ ist sich Prof. Dr. Sandra Bachmann sicher.

Die hsg bei der MEDICA

Bei der MEDICA am Landesgemeinschaftsstand Nordrhein-Westfalen (Halle 3, Stand C80), an dem auch ein Team der Hochschule für Gesundheit stehen wird, wird es um folgende Themen gehen: Gestartet wird am 13. November 2017 mit EPItect. Am 14. November wird DUTZ, ein Projekt zur Dialog- und Transferzentrum Dysmelie, vorgestellt. Bei der Präsentation des Projekts HebAB.NRW wird am 15. November die geburtshilfliche Versorgung durch Hebammen in Nordrhein-Westfalen unter die Lupe genommen. Schließlich steht am 16. November das Projekt SOLEIL im Fokus, in dem soziales Lernen durch E-Learning an Hochschulen untersucht wird.

 


Text: Dr. Anna Knaup, Online-Redakteurin des hsg-magazins

Aufmacher: cosinuss°

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