Zum Inhalt springen
Foto: HS Gesundheit

Dem japanischen Gesundheitssystem auf der Spur

10. November 2022

Vorfreudig schauen die beiden Studierenden die Abflugtafel hoch – Tokio. „Am Flughafen ist auf einmal alles so real und eine gewisse Aufregung kommt“, erzählt die Pflege-Studierende Svea-Marie Hinners. Noch Tage zuvor konnte sie es kaum fassen, bald nach Japan zu reisen. Kommilitonin Emilia Geyer nickt. „Jetzt wird‘s ernst“ – schießt es auch ihr durch den Kopf. Eben war die Studentin der Hebammenkunde noch im Praxiseinsatz, jetzt reiste sie mit Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen für eine Woche nach Japan – zur Partneruniversität der Hochschule für Gesundheit (HS Gesundheit) in Bochum, der Ibaraki Prefectural University of Health Sciences (IPUHS).

Svea-Marie Hinners traut ihren Augen kaum, als sie das Skills-Lab, den Raum für praktische Übungen der Pflegestudierenden an der japanischen Partneruniversität, betritt. Etwa 40 Betten zählt die Studierende bei der schnellen Durchsicht. Reih in Reih. „Ist das die Realität in Japan? Sieht es so in japanischen Krankenhäusern aus?“, fragt die 22-Jährige, die derzeit im dritten Semester ist, erstaunt in die Runde japanischer Studierender. Kurz darauf atmet sie erleichtert auf. „Die Studierenden haben mir erzählt, dass sich das Studium an der IPUHS wie bei uns in theoretische und praktische Teile gliedert und dass die hohe Bettenanzahl nur die Folge der wachsenden Zahl an Pflegestudierenden an der Universität ist. In den dortigen Krankenhäusern würden zwei bis drei, maximal jedoch sechs Betten in einem Zimmer stehen.“ Neugierig schaut sich Svea-Marie Hinners weiter um. Sie entdeckt Simulationspuppen und Utensilien aus dem Pflegealltag. Vieles kommt ihr bekannt vor, manches ist aber auch neu für die angehende Pflegefachfrau. „Besonders interessant fand ich die Hilfsmittel, die ältere Menschen beim Essen unterstützen sollen. Darunter waren zum Beispiel Halter, die das japanische Besteck – die beiden Stäbchen – im oberen Bereich zusammenhalten. Das ist eine gute Hilfe.“

Foto: HS Gesundheit/Nicole Kracheel
Gemeinsames Kochen: Emilia Geyer (li.) und Svea-Marie Hinners freuten sich die japanische Esskultur kennenlernen zu dürfen.

Emilia Geyer öffnet eine Schublade ihres Schreibtischs und zieht solch ein 3-D-gedrucktes Stäbchen-Hilfsmittel hervor. Es ist ein Mitbringsel, wie die 23-Jährige verrät: „Mit dem Ergotherapie-Studiengang haben wir in Japan solche Utensilien selbst hergestellt und durften dabei unsere eigenen Designideen einbringen.“ Auch sie entdeckt in Japan Gemeinsamkeiten und Unterschiede zum Studium in Deutschland. „Ein Hebammenstudium kann in Japan zum Beispiel erst mit einem erfolgreich absolvierten Pflegeexamen begonnen werden. Ganz anders als etwa bei uns in Deutschland, wo wir direkt nach dem Abitur ins Studium der Hebammenwissenschaft starten können“, erzählt Emilia Geyer. „Außerdem geht das Hebammenstudium in Japan nur ein Jahr, bei uns beträgt die Regelstudienzeit des Studiengangs Hebammenwissenschaft sieben Semester.“

Die Studierende, die bereits im siebten Semester ist, prägt sich bei den Rundgängen durch die Skills-Labs der japanischen Partneruniversität so manches gut ein. „Nicht nur Wissenswertes über die japanische Hebammenarbeit, sondern auch den einen oder anderen praktischen Handgriff, den ich vor Ort noch erlernen durfte.“

Die Studierenden der HS Gesundheit lauschen Vorträgen von IPUHS-Studierenden aus den einzelnen Studiengängen, bekommen vieles gezeigt und probieren vor Ort auch selbst etwas aus. „Unsere Physiotherapie-Studierenden durften zum Beispiel Roboteranzüge testen, die Patient*innen beim Laufen unterstützen sollen. Ein Walking Assistant trainierte zum Beispiel die Gehstabilität“, beschreibt Svea-Marie Hinners begeistert. Den beiden Studierenden gefiel der interdisziplinäre Blick auf die Inhalte anderer Studiengänge. „Das ist auch eine der Gemeinsamkeiten, die uns aufgefallen ist, dass beiden Hochschulen neben dem Erlernen des wissenschaftlichen Arbeitens, ein interdisziplinärer Austausch wichtig ist. Wir haben uns riesig gefreut, dass wir während unseres Besuchs nicht etwa entsprechend unserer Studienschwerpunkte aufgeteilt wurden, sondern als Gruppe alle alles sehen durften, um so auch wertvolle Einblicke über den Tellerrand hinaus in andere Fachbereiche zu erhalten“, sagt Svea-Marie Hinners. Das Portfolio an Studiengängen an der japanischen Universität gleicht in großen Teilen dem der HS Gesundheit, doch ein Studiengang fehlt. „Es gibt dort keinen Logopädie-Studiengang wie bei uns. Aber es gibt ein Department für Radiologie“, verrät Emilia Geyer. „Außerdem verfügt die IPUHS über ein Universitätsklinikum, in das die Studierenden aller Fachrichtungen für ihre Praxiseinsätze gehen, während wir in unseren Studiengängen Erfahrungen bei ganz unterschiedlichen Praxis- und Kooperationspartner*innen im klinischen aber auch außerklinischen Bereich sammeln.“

Foto: HS Gesundheit
Vorfreude auf eine große Reise: Acht Studierende der HS Gesundheit reisten für eine Woche mit Nicole Kracheel, Mitarbeiterin im International Office der Hochschule, zur japanischen Partneruniversität.

Neben all den neuen Eindrücken ist auf der Reise aber auch Zeit zum Entspannen, zum Beispiel im Coffee-Club. Emilia Geyer: „Das ist eine schöne Tradition eines kleinen Come-Togethers während unserer Reise. Nach dem Mittagessen haben wir uns immer auf einen Kaffee oder Tee in einem extra für uns eingerichteten Bereich an der Hochschule getroffen, an dem wir uns mit Studierenden, Professor*innen oder Dozent*innen auch mal über die japanische Kultur austauschen konnten.“ So zum Beispiel über japanisches Essen. „Wir haben jeden Tag japanisch gegessen und mit Studierenden der Ergotherapie auch zusammen japanisch gekocht, zum Beispiel Suppen mit Gemüse. Die Japaner lieben Suppen, auch bereits zum Frühstück. Wir haben gemeinsam Onigiri, also gefüllte Reisbällchen, eingewickelt in ein Noriblatt, gemacht oder verschiedene Gemüsesorten in einem Teigmantel frittiert“, erzählt Svea-Marie Hinners.

Und als Nachtisch? „Da haben wir das Rezept für einen Wackelpudding aus Kaffee und Grüntee erhalten.“ Mit dem Pflegestudiengang lernen sie darüber hinaus schnell, wie man mit Stäbchen isst. Svea-Marie Hinners: „Dabei trugen wir auch Gewichte um die Handgelenke. Sie sollten zusätzlich die Belastungen verdeutlichen, die ältere Menschen beim Essen verspüren können.“

Beeindruckt hat die beiden Studierenden auch die japanische Arbeitsmoral. „Die Japaner sind unglaublich fleißig. Außerdem sind sie wahnsinnig gastfreundlich und höflich, dabei aber keineswegs aufdringlich“, beschreibt Svea-Marie Hinners. Die beiden Studierenden würden sich jederzeit wieder in ihrem Studium auf so einen Austausch begeben. „Die Reise war eine einzigartige Möglichkeit für uns. Man gewinnt Einblicke, die man sonst nicht bekommt. Als Touristin wäre ich niemals so offen und intensiv mit japanischen Studierenden in den Austausch gekommen wie auf dieser Reise. Außerdem habe ich durch die Gespräche auch bereits Anregungen erhalten, in welche Richtung meine anstehende Bachelorarbeit thematisch gehen könnte“, erzählt Emilia Geyer. „Ich kann jedem nur empfehlen, solche Auslandsaufenthalte in seinem Studium zu nutzen.“

PS: Noch mehr Eindrücke von der Reise gibt’s übrigens auch in einer Instagram-Story.

Foto: HS Gesundheit
kooperieren & vernetzen
|
30. September 2022

„Es ist ein schöner Ort zum Studieren“

Japanische Partnerhochschule besucht HS Gesundheit
Das Bild zeigt den Ausschnitt einer Weltkarte auf der Stecknadelköpfe stecken.
Foto: HS Gesundheit/Volker Wiciok
kooperieren & vernetzen
|
2. August 2022

Internationalisierungsgrad weiter erhöhen

International Office der HS Gesundheit mit neuer Leitung