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Eine Studentin steht in der Bibliothek und zeigt: Daumen hoch
Foto: Pixabay

Zum Hineinwachsen in den Beruf

10. März 2022

„Das ist es, was ich machen will“, sagt Svenja Kluse und ihre Stimme klingt ebenso entschlossen wie ihre Wortwahl. Die Logopädie-Studentin der Hochschule für Gesundheit (HS Gesundheit) in Bochum hat in ihrem 5. Semester – dem Praxissemester – unter anderem ein mehrwöchiges Praktikum in einer Bochumer Sprachheilpraxis absolviert. Vergangenen Freitag war dort ihr letzter Tag. „Wir haben dem Semester alle entgegengefiebert“, beschreibt sie ihre und die Vorfreude ihrer Kommiliton*innen. „Allein mit Wissen wird man keine gute Therapeutin, dazu gehört auch Erfahrung.“ Und davon hat Svenja Kluse im gerade abgeschlossenen Praxissemester eine Menge sammeln dürfen.

Dienstagmorgen, 8:00 Uhr: Svenja Kluse steht vor der Sprachheilpraxis von Mareile Hocke. Ein Besuch in einem integrativen Kindergarten steht an und die Logopädie-Studentin darf nicht nur mitfahren, sondern auch Sequenzen von Therapieübungen übernehmen. Die Übungen hat sie zuvor in der Praxis eigenständig vorbereitet, für eine selbstständige Durchführung ist aber auch eine Anleitung durch eine erfahrene Kraft wichtig. Hierfür nehmen sich die Praxisanleiter*innen häufig extra Zeit, manchmal werden auch die Autofahrten genutzt. Svenja Kluse und ihre Praxisanleiterin gehen die Übungen ein letztes Mal durch. „Wir nutzen die Fahrtwege regelmäßig, um uns über Patient*innen, zu denen wir auf dem Weg sind oder von denen wir zurückkommen, auszutauschen. Wie verläuft deren Therapie? Was für Übungen sollen durchgeführt werden? Wie ist das Gefühl nach der Therapiestunde? Hat alles gut geklappt?“, fasst Mareile Hocke zusammen. Die Diplom-Pädagogin und Sprachtherapeutin nutzt jede Möglichkeit, um Studierenden etwas zu erklären oder Fragen zu beantworten. „Ich halte es für sehr sinnvoll, dass die Studierenden, die bald Absolvent*innen sind, möglichst viel selbst im Praktikum aktiv machen und nicht nur passiv zuschauen. Schließlich lernt man etwas am besten, wenn man es selbst macht – mit unserer Unterstützung natürlich und dazu gehört es für mich auch, einen offenen Austausch zu pflegen.“

Studentin Svenja Kluse (li.) und Praxisinhaberin Mareile Hocke (re.) lächeln in die Kamera.
Foto: privat
Logopädie-Studentin Svenja Kluse (li.) und Praxisinhaberin Mareile Hocke kennen sich bereits aus einem Vorpraktikum, das die Studentin vor Beginn ihres Studiums bei Mareile Hocke absolviert hat.

Svenja Kluse betreut an diesem Tag ein Kind, bei dem eine Sprachentwicklungsverzögerung zu beobachten ist. „In der Logopädie spricht man von einem ‚Late Talker‘“, erklärt die Studentin, die mit dem Studium an der HS Gesundheit nicht nur den Bachelor of Science, sondern zugleich die Berufszulassung erwirbt. Dann ergänzt sie: „Wir werden im Logopädie-Studium ausführlich auf die Kindertherapie vorbereitet, deshalb war ich sehr interessiert daran, Therapiestunden mit Kindern anzuleiten. Ich habe mit dem Kind eine Einkaufssituation in einem Supermarkt nachgespielt. Das Kind steht hinter einer Spielzeugkasse und ich kaufe bei ihm verschiedene Obst- und Gemüsesorten ein. Anhand der Therapieübung lernt das Kind auf spielerische Weise die Bedeutung unterschiedlicher Wörter.“ Mal führt Svenja Kluse mit den Kindern Übungen zur Erweiterung des Wortschatzes durch, mal solche, bei denen sie das Zählen erlernen oder ihre Aufmerksamkeit und Konzentration trainieren – je nach Therapieziel. „Jede Therapie muss individuell aufgesetzt werden. Das ist für mich das Schöne an der logopädischen Arbeit: Sie ist vielfältig und kreativ.“

Manches Mal geht sie aber auch nah. Svenja Kluse denkt an einen Hausbesuch bei einer Patientin, die an der Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), einer nicht heilbaren Erkrankung des Nervensystems leidet. Immer wieder dreht sich Mareile Hocke auch zu Svenja Kluse um und erklärt ihr etwas während der Therapiestunde. „Natürlich berührt einen solch ein Hausbesuch, aber ich weiß, dass ich damit umgehen kann, dass ich auch darüber sprechen kann.“ Empathie zeigen, aber trotzdem nicht alles zu nah an sich heranzulassen, das hat die Studentin als Ratschlag aus Vorlesungen mitgenommen. Außerdem sind da noch die gemeinsamen Mittagspausen mit dem Team von Mareile Hocke. Dort tauschen sich die Therapeutinnen regelmäßig aus. „Unsere gemeinsame Mittagspause ist mir heilig. Die ist gut für die Psychohygiene“, erklärt Mareile Hocke und Svenja Kluse nickt zustimmend. Die 26-Jährige erlernt in ihrem Praktikum auch Vieles über die Durchführung von Anamnesen oder Diagnostik von Störungsbildern. Und in noch etwas taucht die Studierende ein: die Büroarbeit. Denn Teile des Logopädie-Berufes sind auch Organisation, Planung und Dokumentation. „Darunter fällt zum Beispiel auch die Erfassung und Abrechnung von Verordnungen oder die Datenverwaltung. Therapeutische Berufe bestehen eben nicht nur aus der praktischen Therapiearbeit, sondern auch aus Büroarbeit und auch die sollen Studierende während ihres Praxissemesters noch näher kennenlernen“, sagt Mareile Hocke.

Die Praxisinhaberin und die Studentin kennen sich bereits aus einem Vorpraktikum, das Svenja Kluse vor Beginn ihres Studiums bei ihr absolviert hat. Es ist eine Voraussetzung für die Einschreibung in den Studiengang Logopädie. Mareile Hocke öffnet ihre Praxis seit drei Jahren als Kooperationspartnerin der HS Gesundheit für Studierende: „Die akademische Ausbildung an der Hochschule für Gesundheit ist toll. Die Studierenden bekommen dort weit mehr an die Hand, als ich es aus meinem Studium kenne. So ein Praktikum ist auch für mich bereichernd. Ich bekomme mit, wie der aktuelle Wissensstand ist und welche neuen Ansätze derzeit in der Wissenschaft diskutiert werden“, sagt Mareile Hocke. „Außerdem ist es motivierend mit den jungen Menschen zusammenzuarbeiten.“

Mareile Hocke: „Der Beruf als Logopädin ist einer, bei dem man nie aufhört zu lernen.“

In ihrem Praxissemester besuchen die Logopädie-Studierenden des 5. Semesters der HS Gesundheit zwei verschiedene Einrichtungen, in denen sie in der Regel über einen Zeitraum von jeweils elf Wochen Praktika absolvieren. Begleitet werden die Einsätze mit Reflexionsseminaren und Workshops an der HS Gesundheit. Das Praxissemester bereitet die angehenden Logopäd*innen nicht nur auf die Anforderungen im Berufsalltag vor, sondern gibt ihnen darüber hinaus die Möglichkeit, sich bereits während ihres Studiums unterschiedliche Schwerpunkte der Logopädie anzuschauen. Svenja Kluse nutzt die Chance, sich in der Praxis von Mareile Hocke mit Therapeutinnen mit verschiedenen logopädischen Schwerpunkten auszutauschen. „Ich mag es, dass im Logopädie-Beruf nicht alles 1:1 ist, dass man auch nach dem Studium noch die Chance hat, sich unterschiedlich weiterzubilden“, sagt Svenja Kluse. Mareile Hocke lächelt ermutigend. Dann gibt sie der Studentin mit auf den Weg: „Der Beruf als Logopädin ist einer, bei dem man nie aufhört zu lernen, mit dem man sich immer weiterentwickelt und durch die Arbeit mit Menschen auch Energie gewinnt. Kurzum: Es ist ein Beruf, der glücklich macht!“

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