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Foto: HS Gesundheit/Volker Wiciok

„Clinical Research Management ist ein Zukunftsbereich“

23. September 2022

Die klinische Forschung spielt mit ihren Studien eine Schlüsselrolle bei der Verbesserung des Gesundheitswesens: Doch wie funktioniert sie eigentlich? Die Hochschule für Gesundheit (HS Gesundheit) in Bochum bietet seit dem Wintersemester 2020/2021 den Bachelorstudiengang Clinical Research Management (CRM) an, der genau dieser Frage nachgeht. Prof. Dr. Markus Wübbeler, Leiter des Bachelorstudiengangs und Professor für Klinische Pflegeforschung an der HS Gesundheit, verrät im Interview unter anderem, wofür klinische Studien notwendig sind, was Studierende für das Studium mitbringen sollten und welche beruflichen Perspektiven Absolvent*innen des Studiengangs haben.

Wie funktionieren klinische Studien?

Prof. Dr. Markus Wübbeler: Die klinische Forschung schlägt mit ihren Studien die Brücke von der Grundlagenforschung in den Versorgungsalltag und damit ans Bett der Patient*innen. Sie arbeitet aber nicht wie die ihr vorgeschaltete Grundlagenforschung mit Zellkulturen, Tier- oder Computermodellen. Bei klinischen Studien wird eine Neuentwicklung – ein Arzneimittel, ein Medizinprodukt, eine Gesundheitstechnologie oder ein Therapieverfahren – erstmals am Menschen überprüft. Üblicherweise unterteilen sich klinische Studien in unterschiedliche Phasen: Meist wird eine Behandlung zunächst an einer kleinen Gruppe getestet, bevor Überprüfungen im Versorgungsalltag erfolgen – natürlich unter enger wissenschaftlicher Begleitung. Die Phasen umfassen also eine Überprüfung der Verträglichkeit und Unbedenklichkeit, sowie eine Erprobung in der klinischen Realität, das heißt an Patient*innen, die mit jener Erkrankung zum Beispiel im Krankenhaus liegen. Ziel ist es am Ende der Studie anhand von aussagekräftigen großen Datenmengen eine präzise Auskunft über Sicherheit und Wirksamkeit der Neuentwicklung zu geben.

Seit dem Wintersemester 2020/2021 kann an der HS Gesundheit der Studiengang Clinical Research Management studiert werden. Was lernen Studierende dort?

Prof. Dr. Markus Wübbeler: Zu einer modernen Patientenversorgung gehört die Entwicklung neuer Arzneimittel, Medizinprodukte, Gesundheitstechnologien und auch Therapieverfahren. Neue Behandlungen werden aber erst für den Einsatz im Versorgungsalltag zugelassen, wenn klinische Studien ihre Wirksamkeit und Sicherheit wissenschaftlich nachweisen. Ein Medizinprodukt zur tiefen Hirnstimulation bei Morbus Parkinson unterliegt ebenso klinischen Studien wie ein Medikament gegen Krebs oder eine scheinbar einfache Kopfschmerztablette. Ein anderes Beispiel sind die Corona-Impfstoffe, die anhand klinischer Studien überprüft wurden. Alle Neuentwicklungen müssen wichtige Voraussetzungen erfüllen, sie müssen vor allem auf Sicherheit und Wirksamkeit hin untersucht werden. Die Studierenden erlernen an der HS Gesundheit wie genau diese Überprüfung und Zulassung solcher Neuentwicklungen in der klinischen Forschung funktioniert und organisiert ist.

Wie ist das Studium gegliedert?

Prof. Dr. Markus Wübbeler: Die Studierenden erlernen zunächst wie Forschung und wissenschaftliches Arbeiten funktioniert und wie der menschliche Körper aufgebaut ist, das heißt, sie beschäftigen sich mit seiner Anatomie bis hin zur Physiologie. Darauf aufbauend, lernen sie dann die klinische Forschung im Speziellen kennen – deren Inhalte, Abläufe, Strukturen und ganz wichtig, auch deren Regularien. Daneben befassen sich die Studierenden mit ethischen Fragestellungen und im weiteren Studienverlauf auch mit Qualitätsmanagement und -sicherung, mit Inhalten aus der Gesundheitsökonomie und Aspekten des Projektmanagements.

Prof. Dr. Markus Wübbeler: „Der Bedarf nach klinischem Studienpersonal ist groß.“

Und zusätzlich mit der Sammlung, Analyse und dem Management großer Datenmengen?

Prof. Dr. Markus Wübbeler: Ja, auch das ist ein Schwerpunkt im Studienverlauf, denn klinische Studien sind auf hochwertige Daten und Datenauswertungsverfahren angewiesen. Denken wir zum Beispiel an die ersten Corona-Impfstoffe zurück: Nach der Entwicklung der Impfstoffe hat es noch eine Zeit gedauert, bis die Zulassung der Impfstoffe vorlag. Der Grund war, dass zur Beurteilung von Sicherheit und Wirksamkeit erst einmal Daten gesammelt und ausgewertet werden mussten. Das zeigt, wie wichtig Daten in der klinischen Forschung sind, ohne sie gibt es keine Neuentwicklungen im Gesundheitswesen. Daher sollten Studierende eine Affinität für Daten mitbringen. Sie sollten erlernen wollen, Daten zu interpretieren und kritisch zu hinterfragen.

Was sollten Studierende darüber hinaus für den Studiengang und damit für einen Beruf in der klinischen Forschung mitbringen?

Prof. Dr. Markus Wübbeler: Ich halte es für wichtig, dass sie gut mit Menschen umgehen können, denn sie führen im Zuge von Studien eine enge Überwachung von Patient*innen durch. Außerdem sollte organisatorisches Talent in ihnen stecken, schließlich ist das Begleiten einer Studie eine hohe organisatorische Aufgabe. Vom Typus Mensch sollten sie gewissenhaft sein und – mit am Wichtigsten –, die Studierenden sollten sich natürlich für wissenschaftliche Tätigkeitsfelder interessieren, sie sollten Spaß am Forschen und Lust haben, Neues zu schaffen.

In den Studiengängen der HS Gesundheit wird Wert auf Praxisnähe gelegt, auch zum Studium Clinical Research Management gehören unterschiedliche Praxiseinsätze. Außerdem ist Ihnen die Vereinbarkeit von Beruf und Studium wichtig. Wie wird diese Vereinbarkeit in dem Studiengang berücksichtigt?

Prof. Dr. Markus Wübbeler: Der Studiengang ist berufsbegleitend angelegt, für Studierende ist es im reduzierten Umfang also auch möglich, neben dem Studium einer Beschäftigung nachzugehen. Die Lehre folgt einem Blended-Learning-Konzept, mit Blockwochen teils in Präsenz und teils mit digitalen Vorlesungen. Die Regelstudienzeit beträgt neun Semester. Wir haben aber auch Studierende, die bereits eine Ausbildung in einem Gesundheitsberuf absolviert haben, derartige berufliche Wege und gesammelte Erfahrungen möchten wir honorieren. Studierende, die bereits einen Gesundheitsberuf erlernt haben, können sich daher die ersten zwei Semester bei uns anrechnen lassen, die Gesamtstudiendauer beträgt für sie sieben Semester. Die Studierenden schätzen die Flexibilität des Studiengangs, schließlich ist es nicht immer einfach Beruf und Studium unter einen Hut zu bekommen.

Prof. Dr. Markus Wübbeler: „Er ist für Menschen, die etwas gestalten und entwickeln wollen, die neugierig sind und sich etwas zutrauen - und die eine Arbeit mit Sinn suchen.“

Wo können Studierende mit dem Studienabschluss überall arbeiten?

Prof. Dr. Markus Wübbeler: Ihre Einsatzgebiete sind grundsätzlich überall dort, wo klinische Forschung betrieben wird. Das kann in Universitätskliniken sein, bei Arzneimittelkonzernen, bei Herstellern von Medizinprodukten und Technologien, in Instituten, klinischen Registern, Behörden, Auftragsforschungsinstituten, medizinischen Laboratorien oder auch Biobanken. Die Berufsbilder reichen vom Studienpersonal bis hin zur Studienkoordination. Auch können Absolvent*innen als Clinical Affairs Manager, Klinischer Monitor, Medical Writer, Regulatory Affairs Manager oder Datenmanager arbeiten.

Mit Blick auf den Markt: Wie ist der Bedarf nach klinischem Studienpersonal?

Prof. Dr. Markus Wübbeler: Der Bedarf nach klinischem Studienpersonal ist groß und ich gehe auch von einem weiter steigenden Bedarf aus, nicht zuletzt, weil die Regularien, denen die klinische Forschung unterliegt, weiter zunehmen werden. Daher sehe ich für unsere Absolvent*innen bei der Jobsuche, wenn sie eine gewisse örtliche Flexibilität und eine gute Portion Spaß am Berufsfeld mitbringen, keine Schwierigkeiten, sondern vielmehr auch gute Aufstiegschancen. Denn an der HS Gesundheit bekommen die Studierenden die Qualifikation, klinische Forschung sicher und zielgerichtet begleiten und leiten zu können. Die klinische Forschung agiert auch in einem hoch internationalen Umfeld, denn sichere und wirksame neue Behandlungen sollen natürlich auch für andere Länder verfügbar sein. Der Bereich Clinical Research Management ist ein Zukunftsbereich. Er ist für Menschen, die etwas gestalten und entwickeln wollen, die neugierig sind und sich etwas zutrauen – und die eine Arbeit mit Sinn suchen.

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