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Foto: HS Gesundheit/Jürgen Nobel

Für eine bessere physiotherapeutische Versorgung

10. August 2022

Seit einem guten Jahr bietet die Hochschule für Gesundheit (HS Gesundheit) den Masterstudiengang Physiotherapiewissenschaft an. Der Master startet stets zum Sommersemester und läuft über eine Regelstudienzeit von drei Semestern. Was Studierende in dem neuen Studiengang lernen, wo sie mit dem Master in der Tasche beruflich Fuß fassen können und was ihm als Lehrender im vergangenen Jahr besonders viel Spaß gemacht hat, das verrät Prof. Dr. Christian Thiel, Dekan des Departments für Angewandte Gesundheitswissenschaften an der HS Gesundheit, im Interview.

Der neue Masterstudiengang Physiotherapiewissenschaft läuft seit einem guten Jahr an der Hochschule für Gesundheit in Bochum. Können Sie ein Beispiel dafür nennen, mit was sich die Studierenden in dem neuen Studiengang auseinandersetzen?

Prof. Dr. Christian Thiel: Als Sportwissenschaftler und Professor für Physiotherapie mit dem Schwerpunkt „Training und Therapie/Prävention“ lehre ich die bestmögliche, patientenspezifische Gestaltung körperlicher Aktivität und körperlichen Trainings. Im Modul „Diagnostik und Beeinflussung von Funktionen und Fähigkeiten“ gehen wir der Frage nach, welche neuen Trainingsformen, die sehr stark beworben und zum Teil auch nachgefragt werden, auch für den Einsatz mit chronisch erkrankten Menschen geeignet sind. Dazu gehören unter anderen Foam Rolling, also die Nutzung einer Hartschaumrolle um die Muskulatur zu regenerieren oder Schmerzen zu reduzieren. Oder Blood Flow Restriction Training, ein niedrigintensives Krafttraining mit Blutflussrestriktion zum Beispiel durch eine Manschette um den Oberschenkel. Da geht es nicht nur um die harte wissenschaftliche Evidenz aus Studien – da gibt es häufig noch nicht so viel – sondern auch um die physiologische Rationale. Also die Frage, was kann überhaupt plausibel funktionieren und welche Effekte aber auch Nebenwirkungen sind zu erwarten. Hier beleuchten wir auch Alternativen, das heißt, wir schauen uns den Mehrwert gegenüber einer klassischen Trainings- oder Regenerationsmaßnahme an, gerade auch mit Blick auf mögliche Risiken. Letztlich schulen wir hier exemplarisch die Fähigkeit, komplexe klinische Entscheidungen auf Basis neuer, unvollständiger und teils widersprüchlicher Informationen zu fällen.

Foto: HS Gesundheit/Volker Wiciok
Prof. Dr. Christian Thiel, Dekan des Departments für Angewandte Gesundheitswissenschaften an der HS Gesundheit.

Wenn Sie an erste Absolventinnen denken, wo sehen Sie mögliche Tätigkeitsfelder?

Prof. Dr. Christian Thiel: Die Studierenden haben verschiedene Möglichkeiten. Einige wollen gerne in die physiotherapeutische Versorgung wie Klinik oder Physiopraxis zurück, dort aber noch mehr gestalten, die Versorgung besser machen, sich gegebenenfalls selbständig machen, und sich als reflektierte Praktiker kontinuierlich weiterentwickeln. Andere streben in Richtung der wissenschaftlichen Forschung und merken im Rahmen des Studiums, dass sie da auch Talent haben, denken also in Richtung Promotion. Nicht vergessen sollten wir Arbeitsfelder bei Krankenkassen, in der betrieblichen Gesundheitsförderung, in beratenden Funktionen, aber auch neu entstehende Arbeitskontexte wie Gesundheitsbüros.

Im Gegenzug: Was sollten Studierende, die den Master Physiotherapiewissenschaft an der HS Gesundheit studieren möchten, mitbringen?

Prof. Dr. Christian Thiel: Kurz gesagt, ein großes Interesse daran, die Physiotherapie voranzubringen, den Wunsch hier selber einen Schritt weiterzugehen, vertiefte Kompetenzen auf unterschiedlichen Handlungsfeldern zu erwerben.

Genauer betrachtet, die Lust, nicht nur klinische Fähigkeiten und wissenschaftliche Expertise zu erweitern, sondern sich auch mit Organisation und Führung, digitalen Technologien und der Frage der Professionalisierung und Akademisierung auseinanderzusetzen. Sich einzulassen auf die damit zusammenhängenden Fragen: „Wie finden Lernprozesse statt?“, „Wie gestaltet man den Akademisierungsprozess, die Profession/Disziplin insgesamt?“ oder „Wie mache ich Qualitätsmanagement. Wie setze ich das operativ konkret um?“.

Das Interesse, Dinge immer wieder zu hinterfragen – kann man Versorgung anders machen, was ist die Begründung dahinter. Und Spaß am formellen aber auch informellen Austausch mit Wissenschaftlern und Physiotherapeuten.

Natürlich gelten auch Zulassungsvoraussetzungen, insbesondere ein abgeschlossener Studiengang in der Fachrichtung Physiotherapie oder in einer der Physiotherapie verwandten Fachrichtung wie beispielsweise Therapie-, Sport- /Bewegungs- oder Gesundheitswissenschaften.

Mal zurückgeblickt: Was hat Ihnen als Lehrender in dem neuen Masterstudiengang im vergangenen Jahr besonders gefallen?

Prof. Dr. Christian Thiel: Großen Spaß macht tatsächlich die Zusammenarbeit mit den Studierenden, da bin ich immer mit einem guten Gefühl aus den Veranstaltungen herausgegangen. Die verfügen über ganz unterschiedliche berufspraktische Erfahrungen und können sich ausgezeichnet einbringen. Sie haben konkrete Versorgungssituationen erlebt, reflektieren das, haben spezifische Vorschläge und stellen gute Fragen. Gerade auch was komplexe klinische Situationen angeht, die in der Praxis nicht so idealtypisch ablaufen wie in wissenschaftlichen Studien. Das ist ja auch eine Stärke des Studiengangs, die Verbindung zwischen Praxis und Wissenschaft. Ich bin überzeugt, dass unsere Studierenden dazu beitragen können, dass Menschen mit entsprechenden Bedarfen besser physiotherapeutisch versorgt werden, und dass sie die Akademisierung vorantreiben werden.

Prof. Dr. Christian Thiel: „Das ist auch eine Stärke des Studiengangs, die Verbindung zwischen Praxis und Wissen-schaft.“
Auf dem Bild sind die Master-Studierenden Sandra Stuhrmann und Yannick Blum zu sehen.
Foto: HS Gesundheit/ds
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Ein Portrait von Dr. Patrick Heldmann.
Foto: HS Gesundheit
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Dr. Patrick Heldmann ist Vertretungsprofessor an der HS Gesundheit