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Foto: HS Gesundheit

„Hier wird Fachwissen erlebbar“

15. September 2022

Ein alarmierendes Geräusch ertönt. Die Pflegefachkräfte schauen sich die Vitalwerte des Patienten auf einem Monitor an. Der Blutdruck sinkt rapide. Der Patient ist plötzlich nicht mehr ansprechbar. Täuschend echt sieht die Szenerie aus. Dabei ist das Krankenhauszimmer in der Hochschule für Gesundheit (HS Gesundheit) in Bochum nachgestellt, der Patient ein High-Fidelity-Simulator, eine Puppe, programmiert und ferngesteuert und in seinen Biofeedbacks so realitätsnah, dass Bachelorstudierende der HS Gesundheit im Agieren mit dem Simulator auf komplexe Situationen im Berufsalltag vorbereitet werden und Masterstudierende als angehende Pflege-Lehrende erlernen, welchen Nutzen solche Simulationen in der Ausbildung von Pflegefachkräften erbringen können.

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Prof. Dr. Anne Roll, Professorin für gerontologische und geriatrische Pflege an der HS Gesundheit.

„High-Fidelity-Simulationen sind im medizinischen Bereich solche Simulationen, die einen hohen Grad an Realitätsnähe aufweisen. So kann unser Patientensimulator sprechen, husten, wechselnde Atemgeräusche wiedergeben, Blutdruck und Puls variieren oder zurückspiegeln, ob eine Herzdruckmassage richtig vorgenommen und die Zufuhr von Sauerstoff mithilfe eines Beatmungsbeutels einwandfrei durchgeführt wird“, erklärt Prof. Dr. Anne Roll, Professorin für gerontologische und geriatrische Pflege an der HS Gesundheit. Dann beobachtet die Wissenschaftlerin weiter die Übung zum Notfallmanagement, die sie gerade mit einem kleinen Projektteam mit Studierenden des Masterstudiengangs Bildung im Gesundheitswesen – Fachrichtung Pflege, durchführt.

„Unser programmierbarer Patient hat einen Kreislaufkollaps, er ist nicht mehr bei Bewusstsein, es ist kein Arzt oder keine Ärztin in der Nähe und die Masterstudierenden müssen nun als Team handeln“, erzählt die Professorin. Studentin Milca Blessing Esigne beginnt mit einer Herzdruckmassage, Kommilitone Timo Maroszek holt den Beatmungsbeutel und Studentin Hayat El Hebri klebt die Elektrodenpflaster eines automatisierten externen Defibrillators auf den Oberkörper des Patienten. Kammerflimmern. Der Patient hat einen Herzinfarkt. Dreimal kommt der Defibrillator zum Einsatz, immer wieder wechseln sich die Studierenden mit der Herzdruckmassage und der manuellen Beatmung ab. Der Patient überlebt. Die Studierenden atmen auf und beobachten am Monitor, wie sich sein Zustand langsam stabilisiert.

Foto: HS Gesundheit/ds
Christopher Kurtzahn (li.), studentische Hilfskraft und Florian Loyns, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department für Pflegewissenschaft, bereiten den Patientensimulator für die geplante Übung mit den Masterstudierenden vor.

„Ich habe mich zuerst ein bisschen erschrocken, wie realitätsnah solch ein Patientensimulator tatsächlich ist“, verrät Timo Maroszek. Dann fügt er an: „In dem Studiengang wird nicht nur Fachwissen vermittelt, hier wird Fachwissen erlebbar.“ Timo Maroszek hat eine Ausbildung zum Krankenpfleger in einer Klink am Niederrhein gemacht, einen Bachelor in Pflegewissenschaft an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe absolviert und befindet sich derzeit im dritten Semester des Masterstudiengangs an der HS Gesundheit. „Ich finde die Einbindung von High-Fidelity-Simulationen interessant, zumal wir das als Masterstudierende und damit angehende Pflege-Lehrkräfte ja aus der pädagogischen Sicht beobachten: Was bringen solche High-Fidelity-Simulationen angehenden Pflegefachkräften und wie können sie in die Ausbildung solcher Fachkräfte eingebettet werden?“

Anne Roll nickt. „Der Masterstudiengang Bildung im Gesundheitswesen – Fachrichtung Pflege, bereitet die Studierenden auf die berufspädagogische Arbeit als Pflege-Lehrende in Kliniken, Gemeinden, an Fach- und Pflegeschulen sowie weiteren Bildungseinrichtungen in der Aus-, Fort- und Weiterbildung des Gesundheitswesens vor. Sie lernen bei uns, wie sie künftigen Pflegefachkräften die notwendigen fachlichen und sozialen Kompetenzen für die Tätigkeit in der Pflege vermitteln – High-Fidelity-Simulationen können ein Mittel der Wahl sein.“ Während der Patientensimulator bei Bachelorstudierenden eingesetzt wird, damit sie in den praktischen Handlungsgriffen sicherer werden, vermittelt er den angehenden Lehrkräften, welche Kompetenzen mit ihm erworben werden können. Die Masterstudierenden erlernen unter anderem, wie und wo solche Simulationen am besten im Curriculum verankert sind, nach welcher Grundstruktur Fallszenarien wie das Auftreten eines Herzinfarktes aufgebaut sein müssen, damit sie programmiert werden können und wie viel Aufwand und Teamarbeit auch für die Lehrkräfte hinter solchen Simulationen stecken. „Die Erstellung einzelner Szenarien, die möglichst nah an den Fällen sind, auf die die Studierenden tatsächlich im realen Leben treffen könnten, die passgenaue Programmierung bis hin zur Steuerung des Simulators, das ist aufwändig und verlangt Fachwissen“, sagt Anne Roll. Sie blickt zufrieden auf den Simulator und die Studierenden, die mit dem Patienten noch ein paar Sätze wechseln, um sich zu vergewissern, dass sein Zustand wieder stabil ist.

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Dass der Patient überlebt, darauf achtet auch Florian Loyns. Der extra geschulte wissenschaftliche Mitarbeiter aus dem Department für Pflegewissenschaft sitzt während der Simulation im Nebenraum, beobachtet das Agieren der Masterstudierenden über Kameras und steuert den Patienten entsprechend der Fallszenarien. Mit im nachgestellten Krankenhauszimmer unterstützt während des Simulationstrainings Christopher Kurtzahn, studentische Hilfskraft am Department für Pflegewissenschaft, das Simulationsteam. Er hat mit den Studierenden bereits zu Beginn der Simulation eine Vorbesprechung durchgeführt, vergleichbar mit einer Übergabe beim Schichtwechsel im Krankenhaus. Dabei erhalten die Studierenden Informationen über die pflegebedürftige Person, deren Erkrankung und aktuelle Verordnungen. Während der Simulation beobachtet Wenke Cremer, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Skills-Lab des Department für Pflegewissenschaft die Studierenden über den Monitor im Steuerungsraum ganz genau für die abschließende Nachbesprechung, in der sie mit den Studierenden die Simulation und ihr Handeln in einer offenen Feedbackkultur erörtern wird. „Die Nachbesprechung ist sehr wichtig für den Lerneffekt“, sagt Anne Roll. Simulationsbasiertes Lernen ist aber nicht nur im Curriculum an der HS Gesundheit verankert. „Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, seine Masterarbeit über solche Simulationen bei uns zu schreiben“, gibt Anne Roll mit auf den Weg.

Studentin Milca Blessing Esigne ist von der High-Fidelity-Simulation begeistert. Sie hat den Bachelorstudiengang Pflege an der HS Gesundheit absolviert, fünf Jahre als Pflegefachkraft gearbeitet und ist fürs Masterstudium an die Hochschule zurückgekehrt. „Ich freue mich immer, wenn wir Lehrinhalte praktisch üben können. Denn ich bin ein Mensch, der Lerninhalte am besten verankert, wenn er sie mit eigenen Händen üben kann und nicht nur in der Literatur gezeigt bekommt“, erzählt Milca Blessing Esigne. „Daher finde ich es sehr gut, dass wir die Möglichkeit haben, solche Simulationen mitzumachen, vor allem auch, weil ich so viel besser nachvollziehen kann, wie sich solche Lernsituationen für die Pflegeschüler*innen, denen ich nach meinem Masterstudium mein Wissen weitergeben möchte, anfühlen.“

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