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Foto: HS Gesundheit

Welche Rolle kann Robotik in der Gesundheitsversorgung spielen?

5. Oktober 2023

Beinahe erwartungsvoll steht er da. Seine großen runden Augen schauen einen hilfsbereit an. „Ja, Pepper ist schon ein drolliges, süßes Kerlchen“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Deiters. Der Professor für Gesundheitstechnologien an der Hochschule für Gesundheit (HS Gesundheit) in Bochum lächelt und klopft Pepper dabei kumpelhaft auf die Schulter. Auch Prof. Dr. André Posenau, Dekan des Departments für Pflegewissenschaft und Professor für Interaktion und interprofessionelle Kommunikation in Pflege- und Gesundheitsfachberufen, kennt Pepper gut. Er hat ihn an die Hochschule geholt und setzt ihn regelmäßig in der Lehre ein. Temi darf ebenfalls mit in Vorlesungen. Beide sind Roboter. Prof. Dr. Wolfgang Deiters: „Mit Pepper und Temi erforschen wir gemeinsam mit Studierenden, ob und wie Robotik in der Gesundheitsversorgung eine hilfreiche Stütze sein kann.“

Foto: HS Gesundheit
Beliebter Gast in Vorlesungen: der Interaktionsroboter Pepper.

Den Wissenschaftlern geht es darum, den Studierenden die Spannbreite, die Potenziale, aber auch Grenzen von Robotik zu zeigen. „Pepper ist ein humanoider Interaktionsroboter, in seiner Entwicklung ist er dem Menschen nachempfunden“, erklärt Prof. Dr. André Posenau. Pepper hat einen Kopf, Arme, Hände, sogar Finger. „Und mit seinen vertrauensvollen Kulleraugen auch eine emotionale Komponente“, ergänzt der Wissenschaftler. Pepper spricht vor allem die soziale Ebene an, er soll mit seinem Gegenüber interagieren. Prof. Dr. André Posenau: „Der Roboter kann Menschen, deren Mimik und Gestik erkennen und darauf reagieren. Über das Display, das er vor seiner Brust trägt, können Spiele abgerufen, es kann etwas vorgelesen oder das Gegenüber mobilisiert werden. Pepper kann über seinen Bildschirm zum Beispiel Bewegungsübungen zeigen, die nachgemacht werden können. Der Roboter soll vor allem ältere pflegebedürftige Personen aktivieren.“

Foto: HS Gesundheit
Alina Napetschnig, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Prof. Dr. Wolfgang Deiters, Professor für Gesundheitstechnologien, mit Roboter Temi.

Und Temi? „Das ist eher ein rollender Teewagen“, beschreibt Prof. Dr. Wolfgang Deiters. Der Roboter fährt autonom und lässt sich durch Sprache steuern. Temi kann zum Beispiel Vitalparameter – Körpertemperatur oder Blutdruck – messen, zu gestürzten Menschen hinfahren, Videokonferenzen zu Familienmitgliedern oder für virtuelle Arztgespräche aufbauen sowie Hol- und Bringdienste leisten. „Temi ist ein Serviceroboter. Er ist funktional aufgebaut und kann humanoide Arbeitsabläufe unterstützen. Emotionalität spielt bei ihm nicht so eine große Rolle wie etwa bei Pepper“, erklärt Prof. Dr. Wolfgang Deiters. Pepper könne er sich gut in Pflegeeinrichtungen vorstellen, Temi auch als assistierenden Begleiter einer Pflegefachkraft im Klinikalltag. „Temi könnte der Pflegefachkraft zum Beispiel ein medizinisches Gerät hinterherfahren oder Akten von Patient*innen tragen.“

Beide Roboter werden an der HS Gesundheit aktuell in den Bachelorstudiengängen Gesundheitsdaten und Digitalisierung, Gesundheit und Sozialraum sowie Pflege eingesetzt. Darüber hinaus werden die beiden in dem neuen berufsbegleitenden Bachelorstudiengang Pflegewissenschaft zu Gast sein.

Foto: HS Gesundheit/Volker Wiciok
Prof. Dr. Wolfgang Deiters, Professor für Gesundheitstechnologien.

„Wir finden es wichtig, dass die Studierenden die Einsatzmöglichkeiten solcher Roboter in der Gesundheitsversorgung kennenlernen. Dass wir gemeinsam darüber diskutieren, welche Rolle Robotik in der Gesundheitswirtschaft spielen kann, was es braucht, um Hilfstätigkeiten an Technologien wie Roboter auszulagern und wo solchen Technologien Grenzen gesetzt sind“, sagt Prof. Dr. André Posenau. Prof. Dr. Wolfgang Deiters nickt: „Robotik in der Pflege ohne den Menschen an der Seite ist für uns nicht denkbar. Für uns kann sie nur eine dem Menschen assistierende Rolle haben. Es geht also nicht darum, dass Robotik den Menschen ersetzt. Künftig von einer Maschine gepflegt, vielleicht sogar von einem Roboter gewaschen zu werden, den Gedanken würden wir alle fürchterlich finden. Auch wird ein Roboter sicherlich keinen Verbandswechsel übernehmen oder gar einen Zugang für Infusionen legen.“

Vielmehr gehe es darum zu schauen, wo Robotik Pflegefachkräfte bei ihrer körperlich anspruchsvollen Arbeit entlasten, wo Robotik eine sinnvolle Hilfe sein könne. „Pflegefachkräfte legen in ihrer Schicht viele Schritte zurück. Da kann ich mir einen Serviceroboter, der Hol- und Bringdienste leisten kann, durchaus vorstellen“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Deiters. Mit den Studierenden diskutiert er deshalb Fragen wie: Welche Funktionalität bringt Robotik mit? Wo kann sie Pflegefachkräfte unterstützen und auch bei Patient*innen Akzeptanz finden? Was sind aber auch ethische Fragestellungen, die bedacht werden müssen?

Zu sehen ist Prof. Dr. André Posenau.
Foto: HS Gesundheit
Prof. Dr. André Posenau, Dekan des Departments für Pflegewissenschaft.

Prof. Dr. Wolfgang Deiters: „Für die Studierenden ist Robotik in der Gesundheitsversorgung ein spannendes Feld, weshalb das Thema auch als Abschlussarbeit aktuell gefragt ist.“ Dem stimmt Prof. Dr. André Posenau zu und erläutert: „Alle reden über die Digitalisierung und Technologisierung der Pflege. Die Einsatzmöglichkeiten lassen sich jedoch erst richtig einschätzen und verstehen, wenn die Studierenden live mit den entsprechenden Produkten arbeiten können und sie Gegenstand ihrer wissenschaftlichen Betrachtung werden. Deshalb ist es uns wichtig, dass Studierende bereits in ihrer Studienzeit mit Technologien wie zum Beispiel Robotik in Berührung kommen.“

Foto: Jürgen Nobel/Grafik: HS Gesundheit
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