
Akademisierung? Ein Vergleich.
Bei der Veranstaltung ‚Summa cum laude? Akademisierung von Gesundheitsfachberufen in Deutschland‘ sprachen Professor*innen von der Hochschule für Gesundheit (hsg) in Bochum und der Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) Anfang Juli 2017 in der hsg darüber, welche Herausforderungen genau die Akademisierung eigentlich mit sich bringt. Seit dem Wintersemester 2011/2012 bietet die OTH Regensburg den dualen Bachelorstudiengang Pflege an. Im Drei-Fragen-Interview berichtet Dr. Markus Wübbeler, Vertretungsprofessor im Department für Pflegewissenschaft und Organisator der Veranstaltung, welche Erkenntnisse die Diskussionen gebracht haben.
Warum haben Sie das Treffen in die Wege geleitet?
Dr. Markus Wübbeler: Die Idee war es, das Thema der Akademisierung von Gesundheitsberufen einmal von verschiedenen Seiten her zu beleuchten. Während der Veranstaltung haben dafür Professor*innen von der hsg und der OTH Regensburg rund 20-minütige Vorträge gehalten. Von der hsg haben zum Beispiel Prof. Dr. Nicola Bauer und ich das Wort ergriffen, die Sichtweise der OTH Regensburg haben vertreten Prof. Dr. Klaudia Winkler, die Vizepräsidentin der Hochschule in Regensburg, sowie Prof. Dr. Christa Mohr und Prof. Dr. Annette Meussling-Sentpali. Nach den Vorträgen gab es dann jeweils Diskussionsrunden, die von Prof. Dr. André Posenau von der hsg moderiert wurden. Es hat sich schnell gezeigt, dass es wirklich spannend ist, einmal den direkten Vergleich zweier so verschiedener Hochschulen zu haben.

Was genau machen die Regensburger denn anders als wir an der hsg?
Wübbeler: Es sollen ja in Zukunft auf Empfehlung des Wissenschaftsrates aus dem Jahr 2012 zwischen 10 und 20 Prozent eines Jahrgangs in den Gesundheitsfachberufen akademisch ausgebildet sein. Was einige aber vielleicht nicht wissen: In der Stellungnahme des Wissenschaftsrates dazu geht hervor, dass es sich hierbei um hochschulische Primärqualifikationen handeln soll, so wie sie an der hsg durchgeführt werden. Es gibt jedoch auch die Variante eines dual-qualifizierenden Studiums, wie zum Beispiel an der OTH Regensburg angeboten. Beim dualen System wird eine berufsschulische Ausbildung mit einem Studium kombiniert. An der hsg findet die Ausbildung an der Hochschule und in Praxiseinrichtungen statt – ohne Einbettung der Berufsschulen. Das sind unterschiedliche Herangehensweisen, wobei die Primärqualifikation erst durch eine Modellklausel aus dem Jahr 2008 möglich wurde. Daher waren die Regensburger daran interessiert zu erfahren, wie wir die Modellstudiengänge hier umsetzen. Zudem interessierten sich die Gäste aus Regensburg für unsere Skills-Labs, welche infrastrukturell und didaktisch einzigartig in Deutschland aufgestellt sind.
Konnten Sie den Gästen aus Regensburg aufgrund der Erfahrungen der hsg einige spezielle Herausforderungen nennen, die mit einer Primärqualifikation auf Hochschulen zukommen?
Wübbeler: Eine Hochschule, die eine Primärqualifikation anbietet, muss auf jeden Fall noch umfangreichere Aufgaben erfüllen. Es muss zum Beispiel mehr Betreuung der Studierenden geleistet werden sowie mehr Koordinierung insgesamt. Gleichzeitig kommen aber auch ganz neue Aufgaben auf die Hochschule zu – hierbei denke ich zum Beispiel an die Abnahme von Staatsexamen mit allen Prozessen, die dazugehören. Die Primärqualifikation ist folglich ressourcenaufwändiger. Daneben gibt es übrigens auch noch wichtige Herausforderungen, die außerhalb von Hochschulen auf die Absolvent*innen zukommen: Es sind vor allem die Aufgabenverteilungen und auch die Vergütungsstrukturen noch unzureichend an die hochschulischen Neuerungen angepasst worden. Dies sollte angesichts des Fachkräftemangels dringend von den Arbeitgebern nachgeholt werden.
Das Interview führte Dr. Anna Knaup, Online-Redakteurin des hsg-magazins.
Aufmacher: hsg